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Raumfahrt: Astra startet mit großen Ambitionen Billigraketen in Alaska - Golem.de - Golem.de

Mit 250.000 US-Dollar sollen die Raketen von Astra zum Preis eines Sportwagens hergestellt werden können. Wie will die Firma das schaffen?

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Astra startet Raketen in Alaska vor malerischer Kulisse.
Astra startet Raketen in Alaska vor malerischer Kulisse. (Bild: Astra)

Lange Zeit war über die Raketenfirma Astra praktisch nichts bekannt, nur, dass sie im dünn besiedelten Alaska ihre Raketen testet. Gelegentlich drangen Nachrichten von Tests und abgestürzten Raketen nach außen, sonst nichts.

Aber seit Astra 2020 der einzige verbliebene Teilnehmer an der Darpa Launch Challenge war, geht die Firma viel offener mit den Plänen für ihre Raketen um.

Das ist auch nötig, schließlich will Astra mithilfe eines SPAC an die Börse. Beim nächsten Start, der für diesen Sommer geplant ist, soll die Rakete erstmals Satelliten tragen; er soll live auf dem Times Square in New York übertragen werden. Die Rakete sollte dabei möglichst nicht explodieren.

Eine Rakete am Tag zu möglichst niedrigem Preis

Fünf Jahre nach der Firmengründung 2016 stehen die Chancen dafür nicht schlecht. Zu der Raketenentwicklung und den Zielen von Astra gab der Chef des Unternehmenes, Chris Kemp, einen Überblick in einem Interview mit Nasaspaceflight.. Explosionen waren nicht selten.

2018, keine zwei Jahre nach der Firmengründung, startete die Firma zwei suborbitale Raketen - Rocket 1 und Rocket 2. Beide Flüge wurden nach einer halben Minute abgebrochen. Alle folgenden Raketen heißen Rocket 3, sie besitzen zwei Raketenstufen und die Möglichkeit, in den Orbit zu fliegen. Aber die erste Rocket 3 explodierte schon bei Tests am Boden.

Das Ziel der Firma ist hoch gesteckt: Sie will täglich Raketenstarts für 500.000 US-Dollar anbieten können und dafür Raketen unter 250.000 US-Dollar bauen. Die Technik soll dafür so einfach wie möglich werden, statt "ultra low cost" mit "ultra high performance" zu versprechen, wie es andere Firmen tun.

Allerdings steht ein erster erfolgreicher Flug in den Orbit noch aus. Im Jahr 2020 baute die Firma gleich drei Testraketen in einem Jahr. Nach der Explosion der ersten Rakete konnten die anderen beiden immerhin gestartet werden. SpaceX, Rocketlab und Virgin Orbit bauten in ihren ersten Jahren jeweils nur eine Testrakete. Keine von ihnen gelangte in den Orbit, Astra ist also in bester Gesellschaft.

Softwarefehler verhindern erfolgreiche Flüge

Der erste Flug mit der zweiten Rocket 3 musste nach einer Minute abgebrochen werden, als die Rakete durch Steuerprobleme vom Kurs abkam. Kemp zufolge lag das an einer falschen Zeile im Computercode der Navigation. Vor dem zweiten Flug soll nur dieser Fehler behoben worden sein. Ansonsten war die Rakete identisch. Das Ziel war hauptsächlich, einen vollständigen Flug mit der ersten Stufe durchzuführen.

Die Rakete wurde für den Flug zwar nicht mit einer Nutzlast, aber mit einer voll funktionsfähigen zweiten Stufe und ihrer Nutzlastverkleidung ausgestattet. Die Arbeit konzentrierte sich allerdings auf den Flug der ersten Stufe. Dennoch gelangte die zweite Stufe beinahe in den Orbit, sie war nur wenige Hundert Meter pro Sekunde zu langsam. Vor dem Absturz konnte auch noch die Abtrennung einer Nutzlast simuliert werden.

Die Geschichte der Raumfahrt

Wieder verhinderte jedoch ein Softwarefehler den endgültigen Erfolg. Der Wertebereich für die Anpassung der Treibstoffmischung im Triebwerk soll durch die Software zu stark begrenzt geworden sein, so dass etwa 9 Prozent des Sauerstoffs unverbrannt in den Tanks der zweiten Stufe verblieben. Ein ähnliches Problem gab es auch in der ersten Stufe. Die Rakete hätte einen niedrigeren Orbit erreichen können, aber nicht die angesteuerte höhere Bahn.

Die nächste Rakete soll im Sommer erstmals Satelliten in einen Orbit bringen. Mit dem anstehenden Börsengang und der Notwendigkeit, die Anleger zu überzeugen, steht dabei viel auf dem Spiel.

Vor dem Bau der vierten Rakete wurde deshalb die gesamte Konstruktion überarbeitet und im Detail verbessert. Die Triebwerke sind schubstärker und die Rakete wurde um 1,5 m verlängert, um den höheren Schub mit einem größeren Treibstofftank besser ausnutzen zu können. Immerhin 50 kg Nutzlast soll die Rakete so starten können. Zuvor ging die Firma von nur 25 kg aus, in der nächsten Generation sollen es bis zu 500kg werden.

Es soll künftig jeden Monat eine Rocket 3 gebaut werden. Rocketlab arbeitet im fünften Jahr nach dem ersten Raketenstart noch daran, eine solche Startrate zu erreichen. SpaceX brauchte elf Jahre.

Das hohe Entwicklungstempo ist eine Folge der einfachen Technik. Die wichtigen Treibstoffpumpen der fünf Triebwerke in der ersten Stufe werden von simplen Elektromotoren angetrieben.

Das Triebwerk der zweiten Stufe hat keine Pumpe und wird nur durch den Druck in den Tanks mit Treibstoff versorgt, wie einst schon bei der Falcon 1 von SpaceX. Bei allen Teilen ist das Ziel, möglichst einfache Fertigungsverfahren anzuwenden, um niedrige Kosten in hohen Stückzahlen zu erreichen.

Nichts ist so teuer wie 3D-Druck

3D-Druck wird derzeit nur für den Bau der Brennkammern mit den eingebauten Kühlkanälen und der Impeller der Treibstoffpumpen benutzt. Dies soll so bald wie möglich durch einfache Fertigungsmethoden wie CNC-Fräsen ersetzt werden. 3D-Druck sei die teuerste Herstellungsmethode, die nur bei Einzelfertigung Kosteneinsparungen bringen könne, sagt Kemp.

Ähnliches gilt für Kohlefaserbauteile. Die Nutzlastverkleidung der ersten drei Raketen bestand daraus und kostete 250.000 US-Dollar pro Stück - mehr, als der Bau einer ganzen Rakete kosten soll.

Stattdessen baut Astra die Nutzlastverkleidungen nun selbst aus Aluminium, weil es billiger ist und einfacher verarbeitet werden kann. Da die Nutzlastverkleidung kurz nach Abtrennung der ersten Stufe auch abgeworfen wird, hat das zusätzliche Gewicht vergleichsweise wenig Einfluss auf die Nutzlast.

Um die niedrigen Kosten zu erreichen, will die Firma zwar eine möglichst hohe Zuverlässigkeit anstreben, aber keine Perfektion erreichen. Die Kunden sollen hauptsächlich Startups und andere Firmen sein, die kleine Satelliten zu niedrigen Kosten in großer Zahl herstellen, so dass der Verlust einzelner Satelliten ein viel kleineres Problem darstellt als hohe Startkosten und lange Wartezeiten bis zum Start.

Die Geschichte der Raumfahrt

Astra will auch Satelliten bauen

Das Ziel der Firma ist es, jederzeit Nutzlasten von jedem Platz der Erde aus starten zu können. Die 13 m hohe Rakete mit 1,3 m Durchmesser kann in Containern transportiert werden und überall von fünf Astra-Mitarbeitern und einem Beobachter der Flugaufsichtsbehörde gestartet werden, mit einer einfachen Startrampe auf einem Betonboden. Es soll nirgendwo ein repräsentativer Raum mit vielen Tischen und Monitoren als Missionskontrolle eingerichtet werden.

Die weiteren Pläne von Astra befassen sich nicht nur mit dem Bau von mehr und größeren Raketen, deren nächste Generation bis zu 500 kg Nutzlast in niedrige Orbits bringen soll. Die Firma will auch selbst Satelliten nach dem Plug-and-Play-Prinzip bauen. Astra baut dann die Satellitenplattform und die Kunden liefern nur die Nutzlast dafür, etwa eine Kamera zur Erdbeobachtung.

Die Kundenfirmen können sich so auf ihre Sensortechnik konzentrieren, gleichzeitig kann Astra mit einen größeren Teil der Wertschöpfung Geld verdienen, denn der Raketenstart macht oft nur einen Bruchteil der Gesamtkosten aus. Dabei wird auch eine kürzlich angekündigte Firmenfusion mit einem Anbieter von kleinen Ionentriebwerken helfen, mit denen Satelliten trotz der kleinen Trägerrakten in beliebige Erdorbits fliegen oder diesen auch ganz verlassen können.

Bevor irgendetwas davon Realität werden kann, muss die erste Rakete erfolgreich einen Satelliten im Orbit aussetzen. Die Welt wird live dabei zuschauen, nicht nur auf dem Times Square in New York.

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