In welchem Gehirn sind wir denn jetzt wieder gelandet? Diese Frage stellt sich öfter im schrägen Actionspiel Psychonauts 2.
Was geht im Unterbewusstsein eines Zahnarztes vor sich? Genau: Es hat klappernde Gebisse und schön saubere Beißerchen im Sinn. Das wird dann zum Problem, wenn wir uns wie in Psychonauts 2 durch das Gehirn des Dentisten boxen und ballern müssen, um an Informationen zu kommen.
Im Actionspiel des Entwicklerstudios Double Fine machen wir das als Hauptfigur Rez - das jüngste Mitglied in der Geheimorganisation der Psychonauten. Rez verfügt wie alle anderen Agenten über Superkräfte: Er kann Gedanken lesen, Gegenstände aus der Ferne bewegen und noch einiges mehr.
Die meisten dieser Spezialkräfte können wir im Spielverlauf ein Stück weit verbessern. Das "Psycho" in Psychonauten meint primär parapsychologische Fähigkeiten (PSI), es geht aber immer wieder auch auf skurril-schräge Art um Psychologie.
Sigmund Freud, der Vater der Psychoanalyse, hätte daran möglicherweise seinen Spaß gehabt - und auch wer sich heute mit dem Thema beschäftigt, dürfte ab und an Grund zum Schmunzeln haben.
Die Handlung beginnt unmittelbar nach Ende der 2015 veröffentlichten Serienpremiere. Hier hilft es schon, den Vorgänger gespielt zu haben. Einsteiger bekommen die wesentlichen Infos in einem Video zum Start. Trotzdem: Es ist auch für Kenner des ersten Teils nicht einfach, in der verschachtelten Story den Überblick zu behalten.
Immer wieder landet man unvermittelt in neuen Abschnitten - ohne so recht zu wissen, was zu tun ist. Es gibt im Journal zwar einen Hinweis auf das Ziel der gerade aktuellen Aufgabe, aber den Weg dorthin muss man sich meist selbst suchen. Die Welt ist halboffen: An den meisten Stellen gibt es einen zentralen Raum, von dem unterschiedliche Areale abzweigen, die wiederum meist linear sind.
Als Rez müssen wir viel springen, klettern und uns in Kämpfen gegen Mundbewohner und später gegen andere Feinde durchsetzen. Wir sind unter anderem in der Psychonautenzentrale oder in einem riesigen Casino unterwegs.
Außerdem bereisen wir in einem Spezialmodus an bestimmten Stellen das emotionale Innenleben von Nebenfiguren. Dabei stricken wir deren Gefühle um, sodass etwa eine bestimmte Person plötzlich keine Abneigung mehr gegen Casinos hat und uns dorthin mitnimmt.
Diese Sequenzen sehen schick aus und machen Spaß, echte Freiheiten haben wir dort aber nicht - und die Bedienung finden wir zu kompliziert.
Das Programm basiert auf der Unreal Engine, grafisch macht es einen sehr durchwachsenen Eindruck. Die comicartig überzeichneten Gesichter finden wir schrecklich, weil sie sehr unbewegt wirken und Rez eine merkwürdige Mischung aus kindlich und krankhaft glubschäugig ausstrahlt.
Einige der Umgebungen sind dagegen sehenswert, etwa bei einer längeren Fahrt durch Zahnreiche oder das schrille Casino. Allerdings gibt es auch dort immer wieder auffällig schlichte Texturen. Steuerung und Kameraführung klappen meist ganz gut.
Psychonauts 2 erscheint am 25. August 2021 für Windows-PC (Microsoft Store und Steam), MacOS, Linux, Playstation 4 (kompatibel mit PS5) sowie für Xbox One und Series X/S. Es kostet rund 60 Euro, vom ersten Tag an ist es auch im Spieleabo Xbox Game Pass (ab rund 10 Euro/Monat) verfügbar.
Das Programm bietet nur englische Sprachausgabe. In der deutschen Version gibt es Untertitel, außerdem wurden Texte in der Welt übersetzt. Sogar grafisch aufbereitete Sprüche auf Postern hat das Studio angepasst. Es gibt weder Multiplayer noch Mikrotransaktionen. Die USK hat dem Titel eine Freigabe ab 12 Jahren gegeben.
Fazit
Was für ein irres Computerspiel! In seinen besten Momenten gelingt Psychonauts 2 so etwas wie die Verbindung von Bewusstsein und Unbewusstsein. Oder um es etwas weniger therapeutisch auszudrücken: Das Ding macht stellenweise richtig viel Spaß.
Es gibt Augenblicke, in denen wir hinter geistige Geheimnisse kommen oder Zweifel in Form von Feinden in Flammen aufgehen lassen. Psychonauts 2 ist dann am stärksten, wenn wir einfach unbeschwert durch schicke Umgebungen springen und kämpfen können und sich das gleichzeitig sinnvoll für die Handlung anfühlt.
Leider gibt's zwischendurch viel Leerlauf, etwa im Agentenquartier oder in den mentalen Verbindungen. In diesen Fällen tut das Programm gerne so, als ob wir echt viel selbst entscheiden könnten, tatsächlich müssen wir überkompliziert aufbereitete und fest vorgegebene Aufgaben absolvieren - unserer Psyche tut das gar nicht gut.
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