Matthias Maurer soll am 31. Oktober zur ISS fliegen. Er wird dort mit Metallen experimentieren und ja, es wird auch Blut fließen, erzählt er Golem.de.
Das private Raumfahrtunternehmen SpaceX wird am frühen Morgen des 31. Oktober vier Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS schicken. Eines der Besatzungsmitglieder der Crew-3-Mission ist der deutsche Esa-Astronaut Matthias Maurer. Für ihn gehe damit ein Traum in Erfüllung und er hoffe auf eine weitere Reise, sagt er Golem.de vor seinem Start.
Das Crew-Dragon-Raumschiff soll von der berühmten Launchplattform 39A am Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus in den Weltraum abheben. Von hier sind bereits die Apollo-Astronauten ins All aufgebrochen. Die Crew 3 wird mitten in der Nacht starten. Nur die Beleuchtung der Startrampe und der Schweif der aufsteigenden Falcon-9-Rakete sollen um 2.21 Uhr Ortszeit die Nacht erhellen. In Deutschland ist es dann 7.21 Uhr (MEZ).
Nicht nur ein bisschen Versuchskaninchen, sondern ganz viel
Während seiner sechsmonatigen Mission unter dem Namen Cosmic Kiss soll Maurer an bis zu 150 Experimenten arbeiten. Einige befänden sich bereits jetzt auf der ISS und die Besatzung der Raumstation forsche schon an ihnen, sagt er. Andere sollen mit der Crew 3 auf die ISS gelangen. Der Materialforscher berichtet über einen seiner Arbeitsschwerpunkte: "Wir erschmelzen neue Metalle im Weltall." Diese könne man dann für die Herstellung neuer Automotoren oder Flugzeugmotoren verwenden.
Was Maurer dort oben vor allem sein wird: Versuchskaninchen. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern sogar "sehr viel. Im Weltraum fließt recht viel Blut", nimmt er an. Neben Blut muss er auch Urin-, Speichel- und Stuhlproben abgeben. Damit sollen die Auswirkungen des Aufenthalts im Weltall auf den menschlichen Körper untersucht werden: "Meine Muskeln, meine Knochen werden abgebaut, meine Augen werden schlechter, mein Immunsystem wird schwächer."
Das Versuchskaninchen nimmt es sportlich und findet das eher spannend als bedrohlich. Mit einem Fitnessprogramm und einer kontrollierten Ernährung wolle man schauen, ob es vielleicht vorbeugende Maßnahmen gegen den - zumindest auf der Erde schleichenden - Verfall gibt. Die auf der Raumstation gesammelten Daten sollen beispielsweise zur Erforschung neuer Medikamente dienen, die "hoffentlich dann den älteren Menschen auf unserem Planeten" helfen können. Dem 51-Jährigen ist wichtig, dass die Experimente im All einen Mehrwert für alle haben: "Wir machen nicht nur Raumfahrt wegen der Inspiration, wir machen Raumfahrt auch für die Menschen auf dem Boden."
Kein Kindheitstraum, aber ein langer Weg
Bereits vor rund dreieinhalb Jahren hatte Maurer uns im Interview verraten, dass der Wunsch, ins All zu fliegen, kein Kindheitstraum war: "Also ich denke, in meinem Fall war es weniger ein Kindheitstraum, Astronaut zu werden, sondern ein Traum des erwachsenen Matthias." 2008 habe er im Fernsehen gesehen, dass die europäische Raumfahrtbehörde Esa nach neuen Astronauten suchte - damals hatte sie noch nicht explizit Frauen angesprochen, sich zu bewerben, was sich bei der letzten Bewerbungsphase Anfang 2021 geändert hat.
Für den gebürtigen Saarländer war damals vor dem Fernseher "klar, das ist alles, was mich anspricht", erzählte er. Es sei sowohl ein Job für Ingenieure als auch für Wissenschaftler, es beinhalte Arbeit in internationalen Teams - und es sei ein großes Abenteuer. "Und das ist genau die optimale Mischung, die es nur als Astronaut gibt." Zwischen diesem Wunsch und der tatsächlichen Reise ins All vergingen 13 Jahre.
Die ISS soll nicht das Ende sein
Cosmic Kiss soll für Maurer aber nur der Anfang sein. "Wir sind jetzt gerade am Beginn einer ganz, ganz spannenden Zeit. Der Weltraum verändert sich dramatisch", erzählt er Golem.de kurz vor dem Start. Eine zweite Mission könnte ihn sogar zum Erdtrabanten führen.
Nächstes Jahr soll die erste Artemis-Mondmission starten, diesmal noch unbemannt. Bis 2024 will man den nächsten Mann und die erste Frau auf der Mondoberfläche landen lassen. Vorher soll aber noch eine Raumstation errichtet werden, die den Mond umkreist. "Mit ein bisschen Glück werde ich die Gelegenheit haben, Ende dieser 20er Jahre von dem Lunar Gateway aus auf dem Mond zu landen", ist Maurer optimistisch.
Auch eine Station auf der Mondoberfläche könnte später noch entstehen. Doch damit dies gelingt, ist laut Maurer Folgendes nötig: "Wir brauchen die Integration zwischen den Wissenschaftlern, den Ingenieuren, den Astronauten, den Geologen. Aber auch zwischen den Firmen, die uns diese Sachen herstellen und dann hoffentlich aus diesen Produkten auch nützliche Dinge für die Menschen auf der Erde schaffen."
Zunächst einmal geht es für den deutschen Raumfahrer aber zur ISS, wo auf ihn eine besondere Premiere wartet. Er soll der erste Europäer sein, der einen "russischen" Weltraumspaziergang von der ISS aus durchführen soll - Thomas Reiter hatte dies zwar bereits vor dem Saarländer gemacht, jedoch nicht von der ISS, sondern von der damaligen russischen Raumstation Mir aus. Auf der ISS hatte Reiter seinen Einsatz vom amerikanischen Modul aus getätigt.
Den Launch online mitverfolgen
Den Raketenstart kann man im Livestream mitverfolgen. Neben der Übertragung der Nasa werden auch deutschsprachige Streams angeboten: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) will mit der Liveübertragung auf seinem Youtube-Kanal bereits ab 6 Uhr morgens (MEZ) beginnen.
Die Stiftung Planetarium Berlin plant eine Veranstaltung vor Ort, bei der unter anderem Thomas Reiter zu Gast sein wird. Die Veranstaltung soll ebenfalls auf Youtube übertragen werden. Los geht es hier um 6.15 Uhr. Der eigentliche Start ist für 7.21 Uhr geplant - vorher aber nicht vergessen, die Uhr umzustellen.
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