Viele Videospiele stehen für Daueraction, ohne gute Reflexe heißt es schnell Game over. Doch es gibt auch Titel, die ganz anders konzipiert sind, sogenannte Cozy Games. Jene Nische, die sich um ein gemütliches Spielerlebnis dreht, wächst seit Jahren.
Cozy Games sind weniger ein eigenes Genre, als eine Kategorie von Spielen, die sich durch ihre Ästhetik und ihre Mechaniken von klassischen Blockbuster-Games abheben. Sie bieten pastellige Farben, bunte Spielumgebungen, eher abstrakte als realistische Charaktere. Oft steuern die Spielerinnen und Spieler fantastische Wesen oder Tiere, in einer Art digitalem Märchenwald.
In Cozy Games gibt es selten Ziele, die unter Zeitdruck zu erreichen sind, auch Gewalt spielt kaum eine Rolle. Die Games richten sich an Spielerinnen und Spieler, die Beziehungen zu virtuellen Figuren und der Spielwelt aufbauen wollen. An Menschen, die Lust darauf haben, sich an fantastischen Orten einzuleben, ein eigenes Tempo im Spiel zu finden, sich in Details zu verlieren. An Menschen, denen beim Spielen etwa das Einrichten einer Wohnung wichtiger als das Erlegen eines Endgegners.
Acht Cozy Games, die ihr Geld wert sind und die auf verschiedenen Plattformen zum Entspannen einladen, stellen wir im Folgenden vor.
»Cloud Gardens« von Noio für Xbox One/Series, PC und Mac, circa 15 Euro
Noio
Aufbauspiele ermöglichen es, für viele Stunden in eine selbst geschaffene Welt abzutauchen. Es entstehen Dörfer, Städte oder ganze Landstriche, die unter der Aufsicht der Spielerinnen und Spieler wachsen und gedeihen. »Cloud Gardens« kümmert sich um das, was von diesen Zivilisationen einmal übrigbleibt.
In dem Spiel gilt es, verfallene Städte oder Industrieanlagen zu neuem Leben zu erwecken. Das funktioniert nicht, indem das Menschengewusel und die Arbeit zurückkehren. Nein, die neuen Bewohner der Ruinen sind Pflanzen, es geht ums organisch-kunstvolle Platzieren von Blumen, Sträuchern oder Bäumen.
Das ist einerseits ein wahrer Stresskiller. Anderseits liefert »Cloud Gardens« den Spielerinnen und Spielern immer wieder Ideen, wie ihre eigene Wohnungen grüner werden könnten.
»Coffee Talk« von Toge Productions für Playstation 4, Xbox One, Nintendo Switch, PC und Mac, circa elf Euro
Toge Productions
Zu den Cozy Games zählen viele sogenannte Visual Novels und Talking Simulators: Gemeint sind damit Geschichten mit dezenten interaktiven Elementen. Damit sind sie dem Roman näher als dem klassischen Videospiel.
»Coffee Talk« lässt die Spielerinnen und Spieler in einem Café arbeiten. Hier hören sie den Geschichten der Gäste zu, nehmen teil an den Freuden und Leiden in deren Leben. Die Spielerinnen und Spieler bereiten dabei Kaffee und andere Heißgetränke zu, kassieren die Gäste ab – und geben manchmal auch Tipps, die das Leben einer Figur verändern können.
Die Gemütlichkeit des Spiels entsteht auch durch die Atmosphäre des Cafés, in dem Jazz oder sanfte elektrische Musik die Spielerinnen und Spieler geradezu meisterhaft einlullen kann.
»Turnip Boy Commits Tax Evasion« von Snoozy Kazoo für Nintendo Switch, PC und Mac, circa 15 Euro
Snoozy Kazoo
Turnip Boy ist eine Rübe, die Steuern hinterzogen hat. Folglich wird ihr Haus zwangsgeräumt und sie muss sich auf eine Reise begeben und genug Geld zu machen, um die Schulden beim Staat zu begleichen. Auf dieser Reise trifft Turnip Boy auf viele skurrile Gegner und begegnet anderen Gartenbewohnern, die er zu seiner Unterstützung pflanzen und heranzüchten kann.
Das Spiel erinnert an alte »Zelda«-Spiele und bietet als Adventure-Game durchaus ein wenig Herausforderung. Vor allem aber überzeugt es mit seinem Humor, seinen schrulligen Charakteren und dem Idyll der Gartengemeinschaft, die die Spielerinnen und Spieler leicht die Zeit vergessen lässt.
»Cozy Grove« von Spry Fox für Playstation 4, Xbox One/Series, Nintendo Switch, PC, Mac und iOS, circa 14 Euro
Spry Fox
»Cozy Grove« trägt seine Gemütlichkeit nicht nur im Namen. Auch der Grafikstil, der auf Handzeichnungen basiert, wirkt entspannend. Die Spielerinnen und Spieler lernen die Insel Hainheim kennen, die von Geistern heimgesucht wird. Diese erscheinen in der Nacht – und sind weniger gruselig als zunächst gedacht. Eigentlich wollen sie nur ihre Geschichten erzählen und zur Ruhe kommen.
»Cozy Grove« lässt die Spielerinnen und Spieler ihre Insel so gestalten, dass sie wieder lebenswert wird. Sie können dekorieren, sich Kleidung kaufen, Angeln gehen und den Bewohnern, aber auch den Geistern kleine Freuden bereiten. So geht es letztlich darum, in ruhiger Atmosphäre Beziehungen zu den Charakteren aufzubauen und sich auf einer Insel einzuleben, die ihre fröhliche Farbe zurückbekommen soll.
»Hoa« von Skrollcat Studio für Playstation 4/5, Xbox One/Series, Nintendo Switch, PC und Mac, circa 13 Euro
Skrollcat Studio
Ein belebter Wald, in der Ferne plätschert Wasser, man hört Pianomusik, ein Schmetterling fliegt durch die Luft. »Hoa« ist schon ohne seine Spielmechaniken ein wunderschönes und beruhigendes Spiel, das einen hektischen Tag schnell vergessen macht. In seinen handgezeichneten Hintergründen finden sich viele Details, die Charaktere und Landschaften erinnern an die Animes aus dem Hause Ghibli.
Der Puzzle-Plattformer gibt den Spielerinnen und Spielern nie das Gefühl, bei einer Aufgabe versagen zu können, sondern führt sie sanft durch das Spiel. Sie hängen sich an Glockenblumen, nutzen Pilze als Trampoline und springen über Blätter und Äste. Dabei begleitet sie ein toller durchkomponierter Soundtrack.
»Haven Park« von Mooneye Studios für Nintendo Switch, PC und Mac, circa neun Euro
Mooneye Studios
Die Großmutter von Flint kann nicht mehr: Er soll sich um den Familienpark kümmern, auf dem viele Camper seit Jahren ihre Zelte aufschlagen. Flint mag zwar wortwörtlich noch ein Küken sein, doch nun muss er sich nun dieser Herausforderung stellen. So heißt es für ihn und damit die Spielerinnen und Spieler Ressourcen sammeln, Campingplätze erneuern, Wanderwege begehbar machen.
»Haven Park« ist eine deutsche Produktion und richtet sich eher an jüngere Spieler und Spielerinnen, die Spaß daran haben, den weitläufigen, frei begehbaren Park zu einem Ort zu machen, der fortan viele Touristen willkommen heißen soll.
»Lake« von Gamious für Playstation 4, Xbox One/Series, Nintendo Switch, PC und Mac, circa 20 Euro
Gamious
Dieser Titel führt zurück in eine Zeit, in der es noch keine ständig erreichbaren Smartphones gab. Die Spieler und Spielerinnen übernehmen die Rolle von Meredith Weiss, die mit 44 Jahren ihren Job als Programmiererin hinschmeißt, um zurück in ihr Heimatdorf zu ziehen. Für zwei Wochen übernimmt sie die Post-Route ihres Vaters, trägt Pakete und Briefe aus.
»Lake« spielt im Jahr 1986 und lässt die Spielerinnen und Spieler Orte wie den ersten VHS-Laden im Ort erkunden. Im Mittelpunkt stehen aber die Beziehungen zu Merediths alten Freunden, die von Neuem gesponnen werden, sowie das ganz und gar gelassene Leben in einer Kleinstadt nahe eines Bergsees. So heißt es: ab ins Postauto, das Radio anmachen und für Stunden Runden drehen in dieser Welt ohne Hektik.
»Omno« von Inkyfox für Playstation 4, Xbox One, Nintendo Switch und PC, circa 18 Euro
Inkyfox
In sich gehen, meditieren: Auf diese Weise versuchen die Spielerinnen und Spieler in »Omno« immer wieder, in einer weitläufigen Umgebung Lichtkugeln ausfindig zu machen, die sie dann einzusammeln versuchen. Dabei gilt es, Hüpfpassagen zu überstehen oder Rätsel zu lösen, um dem Licht näherzukommen.
»Omno« kreiert mit simpler Grafik eine sonderbare Welt, durch die die Spieler auf ihrem magischen Stab gleiten, der ihnen beim Lösen der Rätsel hilft. Fans von Spielen wie »Journey« werden sich schnell heimisch fühlen.
Der deutsche Solo-Entwickler Jonas Manke hat über fünf Jahre an diesem Spiel gearbeitet. Herausgekommen ist eine spirituelle Reise, die sich wie eine warme Decke über die Spielerin oder den Spieler legen kann.
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