Search

Berlin: Obst- und Farb-Attacken auf Polizei in Rigaer Straße - t-online

Wegen einer Brandschutzprüfung im teilbesetzten Haus "Rigaer 94" in Berlin-Friedrichshain läuft seit dem Morgen ein großer Polizeieinsatz. Die Polizei rückt mit Rammbock, Motorsäge und Trennschleifer vor.

In Berlin-Friedrichshain knallt es erneut: Eigentlich stand "nur" eine Brandschutzprüfung in der "Rigaer 94" an. Aber die Bewohner fürchteten die Räumung. Gegen 9.45 Uhr am Donnerstagmorgen rückte die Polizei mit Trennschleifer, Rammbock und Motorsäge an.

Rigaer Straße (Quelle: dpa/Carsten Koall)Beamte rücken in die "Rigaer 94" ein: Bewohner sprühen derweil Feuerlöschpulver, werfen Böller, zünden Pyrotechnik. (Quelle: Carsten Koall/dpa)

Seitdem knallte immer wieder Feuerwerk aus dem Haus heraus, teils im Sekundentakt flogen Böller. Rauchschwaden hingen in der Luft. Laute Musik hallte über die Straße, Bewohner sprühten mit Feuerlöschern. "Mehrere Kollegen klagten danach über Atemwegsreizungen", teilte die Polizei mit.

Police officers enter a building at Rigaer street, in Berlin (Quelle: Reuters/Michele Tantussi)Polizisten betreten das Gebäude: Die Türen mussten sie mit schwerem Werkzeug öffnen. (Quelle: Michele Tantussi/Reuters)

Nachdem Beamte die erste Tür geöffnet hatten, hingen sie zunächst noch an einer weiteren fest, bekamen diese dann aber auch auf. Andere Polizisten versuchten, über ein Nebengebäude ins Haus zu gelangen, kletterten über einen Zaun. Die Bewohner teilten über Lautsprecher mit, Polizisten seien zwar inzwischen im Hof angekommen, würden aber von Nachbarn mit Obst und Farbe beworfen.

Die Bewohner teilten gegen 10:30 Uhr mit, die Beamten seien mittlerweile im Vorderhaus angekommen. Eine Weile lief noch immer laute Musik, dann rückte die Polizei weiter vor. Jetzt skandieren nur noch Demonstranten vor der Polizeiabsperrung immer wieder: "Bullenschweine raus aus der Rigaer." 

Polizei bringt Werkzeug zum Einsatzort: "Wenn man uns nicht öffnet, können wir auch zwangsweise rein", sagt eine Polizeisprecherin zu t-online. (Quelle: t-online/Saskia Leidinger)Polizei bringt Werkzeug zum Einsatzort: "Wenn man uns nicht öffnet, können wir auch zwangsweise rein", sagt eine Polizeisprecherin zu t-online. (Quelle: Saskia Leidinger/t-online)

Am Morgen war noch alles friedlich

Zuvor waren Verhandlungen zwischen Bezirk und Bewohnern gescheitert. Lange sah es so aus, als sei ein Kompromiss möglich: Um kurz vor 8 Uhr gaben sich die Hausbewohner noch betont lässig, genossen auf einem Balkon die Friedrichshainer Morgensonne. Unten baute sich allmählich die Polizei auf, Medienvertreter sammelten sich. Brandflecken auf der Straße zeugten von der Randale, die hier bereits einen Tag zuvor stattfand. 

Die "Rigaer 94" am Donnerstagmorgen: Unten Polizei und Medien, oben demonstrative Coolness. (Quelle: t-online/mtt)Die "Rigaer 94" am Donnerstagmorgen, kurz vor 8 Uhr: Unten Polizei und Medien, oben demonstrative Coolness. (Quelle: mtt/t-online)

Aber neue Gewalt schien abwendbar: Die Bewohner hatten angekündigt, den Brandgutachter ins Haus lassen zu wollen. Nur Polizei dürfe nicht rein, twitterten sie. Die Frage war dann aber, ob der Gutachter überhaupt ohne Polizei ins Haus will bzw. ob die Polizei ihn alleine gehen lassen würde. "Wir fordern den Experten dazu auf, Vernunft walten zu lassen", schrieben die Bewohner um 8.52 Uhr. "Von uns geht keine Gefahr aus. Unser Brandschutz wurde bereits von einer staatlich beauftragten Brandschutzprüferin problemlos inspiziert."

Anwälte klettern durch Fenster, doch der Kompromiss scheitert

Nach Informationen von t-online sollte ein Kompromiss ausgehandelt werden: Polizisten dürfen ins Treppenhaus, aber nicht in die Wohnungen. Die Polizei versicherte, sie werde die Unverletzlichkeit der Wohnungen wahren, aber Schutz im Rahmen der Amtshilfe für den Gutachter gewähren.

Der sogenannte "Dorfplatz" an der Kreuzung Rigaer/Liebigstraße: Mittwoch brannten hier Barrikaden, am Donnerstag steht Polizei bereit. (Quelle: t-online/mtt)Der sogenannte "Dorfplatz" an der Kreuzung Rigaer/Liebigstraße: Mittwoch brannten hier Barrikaden, am Donnerstag steht Polizei bereit. (Quelle: mtt/t-online)

Im Erdgeschoss öffneten sich in unregelmäßigen Abständen Fenster, Menschen kletterten hinein und hinaus. Offenbar Anwälte der Bewohner, die Verhandlungen mit den Behörden führten. Immer wieder wurden Redebeiträge gehalten: Von einem "Angriff auf selbstorganisierte, politische Strukturen" war die Rede. Von einem "heißen Sommer", von Verteidigung mit "Zähnen und Klauen".

Polizei fährt mit Lastern vor

Dann teilte die Polizei mit: "Die Verhandlungen zwischen dem Bezirk sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern sind gescheitert. Der Bezirk hat uns als Polizei damit beauftragt, die Hauseingangstür zwangsweise zu öffnen." Beamte fuhren mit Lastern vor, brachten ihr Werkzeug zum Einsatzort. Ein Anwalt der Bewohner sagte t-online: "Die Verhandlungen sind gescheitert, weil der Brandschutzbeauftragte nicht ohne Polizei ins Haus wollte."

Sperrzone seit Mittwoch, 350 Beamte vor Ort

Bereits seit Mittwoch gibt es rund um die Rigaer Straße in Berlin Absperrungen und Kontrollen. Bis Freitagabend wurde eine Sperrzone mit einem Demonstrationsverbot um das Haus verhängt. Zugang zum abgesperrten Bereich haben nur Anwohner. Polizisten aus anderen Bundesländern unterstützen den Einsatz.

Rigaer Straße (Quelle: dpa/Paul Zinken)Eine vermummte Person schaut am Donnerstagmorgen aus einem Fenster der "Rigaer 94". (Quelle: Paul Zinken/dpa)

"Rund um die Rigaer Straße 94 an den Absperrungen und auf den Dächern haben wir etwa 350 Kolleginnen und Kollegen im Einsatz, die dafür Sorge tragen, dass der Brandschutzprüfer seiner Aufgabe nachkommen kann", sagte ein Polizeisprecher am Donnerstagmorgen. Die Brandschutzprüfung war nach Angaben eines Anwalts des Hausbesitzers ursprünglich für 8 Uhr angesetzt.

Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sind allerdings die Vertreter des Hausbesitzers von der Begehung und Prüfung ausgeschlossen. Die Bewohner müssten nur das Betreten des Grundstücks durch einen staatlich anerkannten Brandschutzexperten und die Bauaufsicht dulden, so das Gericht am Mittwoch. Eigentlich wollten neben dem offiziellen Experten auch zwei Anwälte des Eigentümers sowie ein weiterer von ihm beauftragter Sachverständiger mitgehen.

Ausschreitungen und Angriffe am Vortag

Am Mittwochvormittag hatten zahlreiche vermummte Gewalttäter Barrikaden errichtet, angezündet und die Polizei mit Steinwürfen angegriffen (t-online berichtete). Auch vom Dach der Rigaer Straße 94 seien Pflastersteine geflogen, so die Polizei. 60 Polizisten seien verletzt worden, viele davon leicht. Über der Straße lagen dichte Rauchschwaden, Böller explodierten in dichter Folge. Mit einem Wasserwerfer löschte die Polizei die Feuer. Die Polizei sprach von etwa 200 Angreifern.

Police secures the area near Rigaer street in Berlin (Quelle: Reuters/Michele Tantussi)Mittwoch brannten in der Rigaer Straße Barrikaden, auch ein Auto fing Feuer, (Quelle: Michele Tantussi/Reuters)

Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, hat die Angriffe auf die Polizei verurteilt. "Ich bin bestürzt und verärgert über das, was seit heute Vormittag im Samariterkiez passiert. Wir verurteilen die Gewalt und das Chaos, das dort gestiftet wird", teilte sie am Mittwochabend mit.

"Verteidigung hat begonnen"

Die Bewohner und ihre Unterstützer aus der linksradikalen Szene hatten schon lange Widerstand gegen die Begehung des Hauses angekündigt und immer wieder mit Gewalt gedroht. Am Mittwochmorgen schrieben sie im Internet: "Die Verteidigung der Rigaer94 hat begonnen." Die Straße werde "verbarrikadiert und eine autonome Zone eingerichtet, um die Rote Zone des Senats zu verhindern".

In dem Gebäudekomplex aus drei Häusern mit 30 Wohnungen wurden vor Jahren zahlreiche Mängel beim Brandschutz dokumentiert: fehlende Fluchtwege, Wanddurchbrüche, fehlerhafte Elektroleitungen und Sperren in Treppenhäusern. Für viele Wohnungen gibt es Mietverträge. Unklar ist aber, wer dort wohnt. Dem Hausbesitzer, der Polizei und den zuständigen Behörden wird der Zutritt seit langem verweigert. Der Anwalt des Hausbesitzers kündigte an, sollte das Brandschutzgutachten große Probleme zeigen, müssten unter Umständen Teile des Hauses gesperrt werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) teilte mit, es sei unglaublich, mit welcher Menschenverachtung vor allem Einsatzkräfte der Polizei und der Feuerwehr angegriffen und verletzt würden. "Der Rechtsstaat wird sich durchsetzen, die Straftäter werden verfolgt, und vor Gericht gestellt werden", so der SPD-Politiker. "Die Brandschutzbegehung wird stattfinden."

Adblock test (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( Berlin: Obst- und Farb-Attacken auf Polizei in Rigaer Straße - t-online )
https://ift.tt/35wjswG
Obst

Bagikan Berita Ini

0 Response to "Berlin: Obst- und Farb-Attacken auf Polizei in Rigaer Straße - t-online"

Post a Comment

Powered by Blogger.