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Custom Keyboard GMMK Pro: Tastatur selbst bauen macht Spaß - Golem.de - Golem.de

Wenn die mechanische Tastatur nicht ausreicht, kommt der Selbstbau in Frage. Ich habe klein angefangen und es am GMMK Pro ausprobiert.

Ein Erfahrungsbericht von
Beim Tastaturselbstbau sind die merkwürdigsten Layouts möglich.
Beim Tastaturselbstbau sind die merkwürdigsten Layouts möglich. (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)

Wenn es um Tastaturen geht, denken die meisten sicher entweder an flache Bürogeräte für wenig Geld oder an auffällig leuchtende mechanische Tastaturen für mehr Geld. Es gibt aber auch Menschen, die sich ihre Tastaturen von Grund auf selbst bauen. Meist investieren sie viel Zeit und noch mehr Geld - alles, um sich selbst das perfekte Schreibgerät zu bauen. Normale Tastaturen sind eben nicht immer ausreichend.

Das klingt nach einem spannenden Hobby für mich, der selbst täglich auf Tastaturen schreibt und mechanische Keyboards bereits vor vielen Jahren für sich entdeckt hat. Nach ein wenig Recherche bin ich auf eine DIY-Szene gestoßen, die sich untereinander hilft, ihre selbstgebauten Einzelstücke mit Stolz präsentiert und auf Bauteile auch gern mehrere Monate wartet. Auf den ersten Blick kann das elitär und ausgrenzend wirken, wenn in größerer Menge produzierte Tastaturen von Herstellern wie Corsair, Razer oder Logitech kategorisch als unterlegen dargestellt werden.

Vielleicht hat das aber auch einen guten Grund: Nachdem ich mir ein GMMK Pro von Glorious PC Gaming Race - auf Empfehlung mehrerer Youtuber und Content Creators - bestellt und zusammengebaut habe, möchte ich eigentlich kaum mehr weg davon. Das Board ist aber nur eine Art Einstiegsdroge, ein relativ einfacher Weg in ein Hobby, das eine gewisse Sogwirkung hat, schnell aber auch finanziell außer Kontrolle geraten kann.

"Günstiger" Einstieg in den Tastatur-Bau

Das GMMK Pro ist tatsächlich ein relativ günstiger Einstieg in das Custom-Keyboard-Hobby. Damit ist nicht nur der finanzielle Aufwand gemeint, sondern auch die Zugänglichkeit. Das Board ist zu den meisten Zeiten verfügbar und kann etwa auch auf deutschen Seiten und mit bekanntem ISO-Layout bestellt werden.

Dabei sei gesagt, dass ich selbst für das Barebone allein, also ohne Tastenkappen und Switches, bereits 150 Euro bezahle. Das ist weitaus mehr, als die meisten vollständigen mechanischen Tastaturen von Drittanbietern kosten. Dazu muss ich weiteres Geld in Switches, Keycaps und optional in weiteres Zubehör - etwa Schmierfett für Schalter, Switch-Öffner und mehr - ausgeben. Die Rechnung beläuft sich am Ende auf etwa 300 Euro und knapp acht Stunden Arbeitszeit.

Warten auf Bauteile

Diverse Tastaturenchassis und Keycaps werden nur in Sammelbestellungen von Auftragsfertigern hergestellt. Deshalb treffen sich viele Käufer auf Custom-Keyboard-Plattformen wie KBDfans und Geekhack, um sich für ihr Keyboard anzumelden.

Dadurch können sehr spezielle und teils extrem teure Tastaturen gekauft werden. Kunden warten mitunter Monate darauf. Das Warten lohnt sich für sie, denn auf einem Custom Keyboard tippt es sich gleich noch einmal angenehmer - so zumindest die Theorie.

  • Glorious GMMK Pro (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)
Glorious GMMK Pro (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)

Möglicherweise werde ich mich in Zukunft auch einmal für einen Gruppenkauf anmelden. Erst einmal möchte ich mich als Einsteiger aber herantasten. Das GMMK Pro ist mit seiner modularen Bauweise dafür gut geeignet. Andere Hersteller von Barebones sind etwa WASD Keyboards, Novelkeys oder Keychron. Die Auswahl ist groß.

Eigene Switches nutzen

Generell kann ich mir bei Custom Keyboards meine Switches für jede Taste individuell aussuchen. Die Switches des GMMK Pro lassen sich mit einer Switchzange leicht auswechseln, da das Board Hot-Swap-Sockel verwendet. Je nach aktueller Stimmung kann ich etwa heute ein taktiles Tippgefühl mit braunen Cherry-Switches erreichen und morgen klickende Gateron-Switches nutzen.

Auch das Mischen diverser Switches ist problemlos möglich. Soll nur die Leertaste laut klicken? Kein Problem. Sollen die Tasten W, A, S und D linear schalten? Das ist alles möglich.

  • Glorious GMMK Pro (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)
Glorious GMMK Pro (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)

Ich bestelle mir einen Satz Kailh-Copper- und Kailh-Silver-Switches. Als jemand, der gern mit linearen Schaltern schreibt, will ich etwas Neues ausprobieren. Die Coppers haben ebenfalls eine sehr leichte Anschlagskraft von knapp 30 Gramm und lösen bereits bei 1,1 mm aus. Allerdings verfügen sie über einen merklichen taktilen Druckpunkt. Als Backup nutze ich die Kailh Silvers, die linear und mit nur 27 Gramm nach 1,3 mm schalten, also sehr empfindlich sind.

Gerade für Nutzer des ISO-Layouts mit großer Enter-Taste und Platz für einen weiteren Switch kann der Custom-Keyboard-Markt schnell zu einer ewigen Suche werden. Die meisten Tastaturen verwenden eben das in den USA verbreitete ANSI-Layout. Entsprechend gibt es dafür auch wesentlich mehr Auswahl bei den Tastenkappen.

Das GMMK Pro ist eines der wenigen Custom-Barebones, das regelmäßig erhältlich ist und auch im ISO-Layout verkauft wird. Zudem gefällt mir der sehr kompakte 75-Prozent-Formfaktor mit nur vier Sondertasten, Lautstärkerad und dedizierten Pfeiltasten.

Das kommt aber nicht ohne Probleme.

Gerade die Suche nach Cherry-Keycaps mit deutschem Layout stellt sich als schwierig heraus. Die meisten Tastenkappensets bringen zwar Sondertasten für das ISO-Layout, aber nicht die gewohnte deutsche Beschriftung mit Umlauten und anderen Sonderzeichen. Nach einer langen Suche und wenig Erfolg kommt die Überlegung auf: Ich könnte ja auch eine vollständige Tastatur bestellen und diese nur für die Keycaps ausschlachten.

In Onlineshops gibt es diverse recht günstige mechanische Tastaturen von unbekannten chinesischen Herstellern. Ich bin kurz davor, mir eine solche Tastatur zu bestellen, stoße dann aber auf ein halbtransparentes Pudding-Keycap-Set von Kingston. Die Schriftart ist - bis auf die mit dem Firmenlogo markierte Leertaste - wenig aufdringlich und gut lesbar. Pudding-Keycaps sind zudem an der unteren Seite lichtdurchlässig, was die LED-Beleuchtung einzelner Tasten hervorhebt.

Die richtigen Tastenkappen finden

In der schwarzen Ausführung verkauft der Hersteller das Set auch mit deutschem ISO-Layout. Zusätzlich bestelle ich mir eine weiße Version dazu, um etwas Kontrastreichtum in meinen Tastaturbau zu bringen. Das ist eines der Highlights beim Erstellen der eigenen Tastatur - am Ende Tastenkappen auf die Switches zu stecken und das mehr oder weniger passende Keyboard-Layout in Gänze zu bestaunen.

Beim GMMK Pro und anderen 75-Prozent-Keyboards ist das nicht unbedingt einfach. Tasten wie die rechte Umschalttaste sind kürzer als gewohnt. Zudem sind die Sondertasten rechts der Leertaste nur 2 U lang. U (Unit) ist die Einheit, mit der die Community Tastenlängen angibt. 1 U entspricht einer normalgroßen Buchstabentaste, 2 U zwei nebeneinander und so weiter.

  • Eine 2-U-Umschalttaste war gerade nicht da ... (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)
Eine 2-U-Umschalttaste war gerade nicht da ... (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)

Die Umschalttaste rechts ist normalerweise länger, weshalb ich beim finalen Layout die Tastenkappe einer Feststelltaste nutze. Statt Strg, Fn und Alt stecke ich zudem speziell bedruckte 1-U-Tastenkappen auf die Schalter. Das verleiht der Tastatur eine persönliche Note.

Feintuning mit Switch Plate

Ganz klar gibt es bei der Auswahl der Keycaps Nachholbedarf, denn das Tastenlayout sieht etwas improvisiert aus. Eventuell sollte ich beim nächsten Build einfach auf ein ANSI-Layout setzen. Das gäbe mir auch gleich mehr Auswahl bei anderen Komponenten wie beispielsweise der Switch-Untergrundplatte.

  • Glorious bietet diverses Zubehör für das GMMK Pro. (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)
Glorious bietet diverses Zubehör für das GMMK Pro. (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)

Glorious etwa bietet für das GMMK Pro drei verschiedene Backplates an: Standardmäßig wird eine Aluminiumplatte verbaut, alternativ gibt es eine aus Polykarbonat und eine aus Messing. Der Unterschied liegt hier nicht nur in der Optik, sondern größtenteils im Tippgefühl. Auf dem weichen Polykarbonat geben Switches etwas stärker nach, während Messing kaum resoniert. So kann ich mir aussuchen, ob ich ein weicheres oder härteres Schreibgefühl möchte. Auch die Tippgeräusche werden davon beeinflusst. Ich bleibe erst einmal bei der im Set enthaltenen Aluminiumplatte.

Ein passendes und teils improvisiertes Layout ist gefunden, dann bleibt ja nur noch eines: das Schmieren der Switches, Lubing genannt. In der Community gilt das als essenzieller Schritt, der das Tippgefühl auf einer Custom-Tastatur erst richtig perfektionieren kann.

Dafür sollte ich aber einige Zeit mitbringen.

Das Luben ist eine sehr zeitintensive Aufgabe, die auch monoton werden kann. Ich weiß zumindest den für mich meditativen Effekt dieser repetitiven Aufgabe zu schätzen. Nebenbei läuft eine Serie, Musik oder ein Hörbuch und ich kann fleißig luben.

Im Prinzip wird beim Luben der gesamte Switch auseinandergebaut. Feder, Stamm, Metallblatt (Switch Leaf) und Switch-Gehäuse lege ich getrennt voneinander vor mich hin. Ich habe mir für diese Zwecke noch eine Lube Station gekauft, auf der ich 36 Switches in Einzelteilen und ordentlich sortiert anordnen kann. Dann geht das Luben auch gleich schneller von der Hand.

Sparsam mit dem Lube

Da die Taktilität der Copper-Switches mir dann doch etwas zu straff ist, entscheide ich mich dafür, auch das Kupferblatt und den Switch-Stamm mit etwas mehr Schmierfett einzustreichen.

Der daraus resultierende Effekt: ein merklich geringerer Widerstand beim Drücken der Tasten. Möglicherweise habe ich es auch etwas übertrieben, so dass die Switches fast schon linear schalten. Wichtig ist also, nicht zu sorglos zu luben. Zudem gilt es als unsinnig, klickende Switches zu fetten, wenn das akustische Feedback behalten werden soll.

  • Ein Switch-Öffner erleichtert das Luben. (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)
Ein Switch-Öffner erleichtert das Luben. (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)

Diverse Youtube-Kanäle und Twitch-Streamer bieten Lubing-Tutorials an. Der Streamer Nathan Kim alias Taeha Types ist in diesem Metier aber ein echter Profi. Das liegt auch daran, dass er bereits Dutzende Custom-Tastaturen für andere Twitch-Streamer gebaut hat, teils zu Preisen von mehreren Tausend Euro. Seinem Lubing-Tutorial zu folgen, ist einfach und geht schnell. Drei Abende später halte ich dann genug präparierte Schalter - 83 Stück - für meine Tastatur in den Händen.

Diese anschließend in die Sockel zu drücken, ist eine Sache von Minuten. Hier muss ich nur aufpassen, sie auch in richtiger Orientierung einzustecken. Die Kontakte von Kailh-Switches, Gateron-Switches und anderen Cherry-MD-Style-Schaltern sind dabei identisch und können allesamt mit dem GMMK Pro verwendet werden.

Einfache Software

Übrigens gefällt mir auch die Open-Source-Software der Tastatur gut. Ich kann beliebige Tasten mit Makros nach Wahl belegen und die LED-Beleuchtung besonders imposant leuchten lassen (RGB-Beleuchtung wird von Teilen der Custom-Keyboard-Community auch ignoriert). Sämtliche Änderungen speichert das Programm auf dem internen Flash-Speicher der Tastatur. Die Software wird also nicht immer zwingend für den Betrieb der Tastatur benötigt.

Nachdem ich dann auch die Tastenkappen auf meine Tastatur gesteckt habe, ist die Vorfreude bereits groß. Ich werde nicht enttäuscht: Keine andere mechanische Tastatur, die ich bisher besaß, fühlt sich so butterweich und gleichzeitig hochwertig an. Und dieses leise, dumpfe Tippgeräusch? Ein Traum! Nach sechs Stunden Lubing und mehreren Tagen Suche nach passenden Tastenkappen sollte das Ergebnis auch überzeugen.

Das Gefühl, etwas Hochwertiges zu nutzen, wird dadurch abgerundet, dass das GMMK Pro für seine Größe sehr schwer ist: Zusammengebaut wiegt es fast 1.800 Gramm. Und ich dachte, meine nun in den verdienten Ruhestand geschickte Logitech G915 TKL wäre schon schwer gewesen.

  • Das Einsetzen der Switches geht auch ohne Werkzeug schnell und leicht. (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)
Das Einsetzen der Switches geht auch ohne Werkzeug schnell und leicht. (Bild: Oliver Nickel/Golem.de)

Schreiben auf einer Custom-Tastatur macht einfach noch einmal mehr Spaß. Das liegt am tollen Tippgefühl und dem leisen dumpfen Klackern der Tasten. Aber der gesamte Prozess; dass ich mir selbst aussuchen kann, welche Schalter ich für welche Tasten kaufe, wie ich deren Taktilität und Tippgefühl durch Lubing noch einmal verändern kann und wie ich meiner Kreativität beim Aussuchen der Tastenkappen freien Lauf lasse, macht ein Custom Keyboard auch zu einem persönlichen Stück und daher zu etwas Besonderem.

Da kann ich schon ein wenig verstehen, warum einige Enthusiasten ihre Keyboards bis auf den letzten Tastenanschlag optimieren, verändern und verbessern und teils exorbitante Geldsummen hineinstecken. Das Ergebnis ist einfach eine Freude.

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