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Boston – Der Verzehr von Obst und Gemüse mit einem hohen Gehalt an Flavonoiden, die vielen Früchten ihre intensive Farbe verleihen, war in 2 prospektiven Beobachtungsstudien mit einem langsameren subjektiv erlebten kognitiven Abbau im Alter verbunden. Die Ergebnisse wurden in Neurology (2021; DOI: 10.1212/WNL.0000000000012454) veröffentlicht.
Die etwa 8.000 verschiedenen Flavonoide, die in der Natur nur von Pflanzen synthetisiert werden, haben neben ihrer Funktion als Farbsignal verschiedene weitere Aufgaben, wie den Schutz vor UV-Licht oder die Abwehr von Krankheitserregern. Ihr möglicher Nutzen für die Gesundheit des Menschen beschäftigt seit längerem die Forschung.
Die starke antioxidative Wirkung soll Zellen vor schädlichen freien Radikalen schützen, die überall dort entstehen, wo der lebenswichtige Sauerstoff vorhanden ist, so auch im Gehirn, das den größten Sauerstoffverbrauch aller Organe hat. Wenn im Alter die antioxidativen Schutzsysteme des Körpers schwächeln, könnte dies die Hirnfunktion verschlechtern.
Eine mögliche Folge wäre ein Rückgang der kognitiven Leistungen. Der Verzehr von Obst und Gemüse mit einem hoen Gehalt an Flavonoiden könnte dies verhindern oder zumindest abschwächen.
Es hat in den letzten Jahrzehnten nicht an epidemiologischen Studien gemangelt, die den Einfluss von Flavonoiden auf die kognitiven Fähigkeiten untersucht haben. Die „Rotterdam-Studie“, die „Honolulu-Asia Aging Study“ und die „Zutphen-Studie“ konnten keinen Zusammenhang finden, in der „Doetinchem Cohort Study“ war eine vermehrte Zufuhr sogar mit einem Rückgang der kognitiven Flexibilität verbunden.
In der „SU.VI.MAX-Studie“ verschlechterten Flavonole, Anthocyanidine und Katechine die exekutiven Funktionen, während andere Polyphenole Sprache und verbales Gedächtnis verbesserten. Flavonole, Anthocyanidine und Katechine sind Untergruppen der Flavonoide, die wiederum zu den Polyphenolen gehören. Eine protektive Wirkung wurde dagegen im „Rush Memory and Aging Project“ und in der „PAQUID-Studie“ gefunden. Auch in tierexperimentellen Studien ließ sich wiederholt eine neuroprotektive und antientzündliche Wirkung im Gehirn nachweisen.
Ein Team um Walter Willett von der Harvard Universität in Boston hat jetzt die bisher größte epidemiologische Untersuchung durchgeführt. Die 49.493 Frauen der „Nurses' Health Study“ und die 27.842 Männer der „Health Professionals Follow-up Study“ wurden seit Beginn der Studien in den Jahren 1984 und 1986 regelmäßig und detailliert zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt.
In beiden Kohorten wurden die Teilnehmer in den letzten Jahren auch 2 Mal zu ihrem subjektiven kognitiven Verfall interviewt. Sie sollten angeben, ob sie öfter Schwierigkeiten haben, sich an jüngste Ereignisse zu erinnern, ob es Ihnen schwerfällt, sich eine Einkaufsliste zu merken, ob sie Probleme haben, mündliche Anweisungen auszuführen oder dem Plot in einem Fernsehfilm zu folgen, ob sie sich in ihrem Ortsteil noch gut zurechtfinden und ob sie generell den Eindruck haben, dass ihre Gedächtnisfähigkeiten nachgelassen hat.
Diese subjektiven kognitiven Störungen gelten als mögliche Vorstufen für eine spätere Demenz und Willett kann zeigen, dass sie mit einem geringen Verzehr von Flavonoiden assoziiert waren. Die Unterschiede in der täglichen Aufnahme waren groß. Im höchsten Quintil betrug der Flavonoidkonsum etwa 600 mg täglich, im untersten Quintil waren es nur etwa 150 mg täglich. Diese Unterschiede erleichtern es, Assoziationen zu finden.
Und Willett fand Assoziationen. Personen im höchsten Quintil des täglichen Konsums hatten ein etwa 20 % geringeres Risiko auf einen subjektiven kognitiven Abbau. Die gepoolte adjustierte Odds Ratio von 0,81 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,76 bis 0,89 signifikant.
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Deutlichere Auswirkungen gab es bei einzelnen Arten der Flavonoide: Die stärkste mögliche Schutzwirkung gegen subjektive kognitive Störungen wurde für Flavone (Odds Ratio 0,62; 0,57 bis 0,68), Flavanone (Odds Ratio 0,64; 0,58 bis 0,68) und Anthocyane (Odds Ratio 0,76; 0,72 bis 0,84) gefunden. Flavone kommen in Sellerie oder Pastinaken, aber auch in Rosmarin und Thymian vor. Flavanone sind in vielen Südfrüchten wie Orangen oder Grapefruit enthalten. Anthocyane finden sich in vielen Obstsorten und vor allem in Beeren.
Natürlich kann eine Beobachtungsstudie niemals beweisen, dass den Assoziationen eine Kausalität zugrunde liegt. Die in den meisten Analysen gefundenen Dosiswirkungsbeziehungen, nach denen eine höhere Zufuhr mit einem besseren Schutz vor den Gedächtnisstörungen verbunden war, ist in epidemiologischen Studien jedoch immer ein Argument für eine echte Wirkung.
Außerdem konnte Willett aufgrund der guten Informationen zum Lebensstil und den Krankheiten der Teilnehmer eine Reihe von anderen möglichen Ursachen ausschließen. © rme/aerzteblatt.de
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