Meinung
"DSDS": Dieter Bohlens Jury-Aus ist ein Glücksfall fürs Fernsehen
Nach sagenhaften 18 Staffeln scheidet Dieter Bohlen als Juror bei "DSDS" aus, auch seinen Posten bei "Das Supertalent" gibt er ab – mit dieser Knallermeldung überraschte RTL Deutschland am Donnerstag, der Schritt war absolut nicht abzusehen. Der 67-Jährige schien speziell mit "DSDS" durch dick und dünn zu gehen. Zuletzt wirkte er wie ein Ruhepol für die Sendung, als der Skandal um seinen Ex-Kollegen Michael Wendler tobte, der von RTL komplett aus der aktuellen Staffel herausgeschnitten wurde.
Doch so unvermittelt das Aus für Bohlen auch kommt: Es ist eine begrüßenswerte Entscheidung und eine echte Chance für die deutsche TV-Landschaft. Bohlen hat in beinahe 20 Jahren "DSDS" jedes erdenkliche Ass aus dem Ärmel gezogen, und vielleicht werden wir seinen markigen Sprüchen auch gar nicht allzu lange nachtrauern – wenn überhaupt.
"DSDS" ohne Bohlen: Ist das möglich?
Bohlen spricht alles offen aus, wenn er hinterm Jury-Pult sitzt. Dass er seinen Gedanken vor der Kamera freien Lauf lässt, wird nicht nur toleriert, sondern ausdrücklich gewünscht, wo andere zehnmal überlegen, was sie sagen, bevor sie jemandem zu nahe treten. Den einstigen Modern-Talking-Star als das ultimative Aushängeschild für "DSDS" zu bezeichnen, greift daher keineswegs zu kurz.
Umso mehr muss sich RTL nun fragen: Wie kann die Show ohne Bohlen funktionieren? Kann sie es überhaupt? Die schmerzhafte Antwort darauf lautet womöglich: Nein, zumindest in ihrer bisherigen Ausrichtung kann sie es nicht. Denn Bohlen ist "DSDS". Castingshows mit mehr und auch weniger talentierten Sängern gibt es zuhauf, Bohlens unnachahmliche Stänkereien hingegen nur hier. Es wäre sicherlich naiv zu glauben, die Show könne ab nächstem Jahr mit zum Beispiel "The Voice of Germany" mithalten.
Dennoch übt sich RTL (was bleibt ihnen auch übrig?) erst einmal in Optimismus. So heißt es in der offiziellen Pressemitteilung: "Mit einer komplett neuen Jury wird 'DSDS' frische Impulse setzen, um musikalische Talente und Millionen Zuschauer neu zu inspirieren und zu begeistern."
Laut "Bild"-Informationen ging die Trennung vom Sender aus, gleichwohl es nur schwer vorstellbar ist, dass RTL einem seiner markantesten Gesichter und zuverlässigsten Quotengaranten den Laufpass gibt. Doch was auch immer konkret hinter den Kulissen vorgefallen sein mag: Jetzt ist ein günstiger Zeitpunkt erreicht, um das eigene Unterhaltungskonzept vielleicht sogar auch grundsätzlich zu überdenken.
Das mit den "frischen Impulsen" klingt zwar zunächst wie eine hohle Phrase, ist aber tatsächlich die Marschrichtung, die der Sender jetzt verfolgen sollte oder wahrscheinlich eben auch muss. Sie mit Leben beziehungsweise konkreten Ansätzen zu füllen, wird die eigentliche Herausforderung.
"DSDS": Frischzellenkur oder Tod
"DSDS" war von Beginn an ein zweischneidiges Schwert. Bis heute wird der Show vorgeworfen, Menschen immer wieder vorzuführen. Die Paradiesvögel unter den Teilnehmern ordentlich aufs Korn zu nehmen, hat eine ebenso lange Tradition wie die Live-Shows. Gerade Bohlen befeuert das bissige Klima auch mit seinen knallharten Ansagen. Im Grunde ist "DSDS" auf ihn abgestimmt.
Während bei anderen Casting-Shows mehr die eigentliche Leistung im Vordergrund steht, ist "DSDS" dieses eine Format, in dem die Kandidaten zwischendurch notieren müssen, welcher ihrer Konkurrenten es nicht verdient hat, mit dabei zu sein. RTL könnte die Gelegenheit ergreifen und auf solche grenzwertigen Spielchen in Zukunft ebenso verzichten wie auf Bohlen selbst.
So würde das Format mal neue, sanftere Töne anschlagen, was aus Quoten-Sicht zugegeben ein Risiko ist. Andererseits: Gewaltige Risiken muss der Sender jetzt ohnehin eingehen, ein Rezept gibt es in der jetzigen Situation nicht. Warum die Nachwuchs-Sänger bei dieser Gelegenheit also nicht vielleicht auch ein bisschen besser behandeln? Bohlens Abgang öffnet dafür Tür und Tor.
Gewiss ist hingegen vermutlich schon jetzt: Ohne Bohlen wird "DSDS" langweiliger, wie man es auch dreht und wendet. Dass die nächste Staffel komplett abstürzt, ist keinesfalls ausgeschlossen und vielleicht kriegen die Verantwortlichen die Sendung auch mit etwas Anlauf nicht wieder auf die Beine. Nostalgisch werden braucht in dem Fall aber niemand, denn knapp 20 Jahre mit dem immer selben Sprücheklopfer in der immer selben Show sind dann auch genug.
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