Hohe Performance bei acht Litern Volumen: Der Beast Canyon macht seinem Namen alle Ehre, allerdings brüllt das NUC-System entsprechend.
Wer äußerst schnelle Hardware in einem Mini-PC sucht, der wird bei diesem schwarzen Rechner mit RGB-leuchtendem Totenschädel fündig: Der NUC11 Extreme alias Beast Canyon ist Intels neuestes System der beliebten Reihe, welches eine hohe Performance mit sehr viel Ausstattung auf engstem Raum kombiniert. Uns gefällt der Beast Canyon gut, Lautstärke und Preis sind aber nicht ohne.
Vom Design her erinnert der NUC11 Extreme an den letztjährigen NUC9 Extreme alias Ghost Canyon (Test), wenngleich er zugunsten leistungsfähigerer Grafikkarten länger ausfällt. Der Beast Canyon misst Schuhkarton-artige 357 x 189 x 120 mm und kommt auf acht Liter Volumen; beim Ghost Canyon waren es nur fünf Liter.
Die Idee der beiden Barebone-Systeme ist aber identisch: Die Seitenwände sind mit Mesh-Gittern versehen und im Deckel sitzen mehrere Lüfter, welche die Hitze aus dem Inneren absaugen. Dort befinden sich Intels Compute-Modul, das Netzteil und optional eine Grafikkarte - die gehört nicht zum Lieferumfang.
Barebone für 30-cm-Grafikkarten
Intel verkauft den Beast Canyon in zwei CPU-Varianten, der Aufbau des Mini-PCs und dessen Anschlüsse unterscheiden sich nicht. An der Front gibt es zwei USB-A 3.2 Gen2, einen USH-2-Kartenleser (mit 3/4 Bautiefe) und eine 3,5-mm-Audio-Klinke. Die Rückseite ist mit sechs USB-A 3.2 Gen2 bestückt, dazu zwei Thunderbolt 4 (mit DP 1.4 sowie USB 3.2 Gen2), ein HDMI 2.0b und ein RJ-45 für 2,5-GBit/s-Ethernet.
Um den NUC11 Extreme zu öffnen, genügt es, die mit vier Schrauben gesicherte Platte am Heck zu lösen, dann können beide Seitenteile abgezogen und der Deckel mit den drei 90-mm-Lüftern nach oben weggeklappt werden. So können wir im PEG-Slot (PCIe Gen4 x16) eine bis zu 304 mm lange Dualslot-Grafikkarte verbauen, im Test klappte das mit einer Geforce RTX 3080 Ti Founder's Edition trotz 45-Grad-Stromanschluss. Eine Radeon RX 6800/6900 XT im Referenzdesign hingegen passt nicht, wohl aber eine Radeon RX 6800 oder Radeon RX 6700 XT.
350 Watt für die Grafikkarte
Das integrierte Netzteil stammt von FSP, es ist 80-Plus-Gold zertifiziert und hat 650 Watt. Die Grafikkarte wird über einen abgewinkelten 8-Pin-Stecker mit Energie versorgt, hinzu kommen zwei reguläre 6+2-Pin-Anschlüsse für Modelle mit zwei Buchsen. Intel gibt an, dass der Pixelbeschleuniger maximal 350 Watt benötigen darf. In unserem Muster ist eine kurze Geforce RTX 3060 von Asus verbaut, dieser reicht der einzelne 8-Pin.
Wer will, kann hinter der Grafikkarte im PCIe-Gen4-x4-Slot beispielsweise eine Netzwerkkarte verbauen, dann muss aber der Lufttunnel für die CPU-Kühlung weichen, was die Lautheit des Systems noch weiter erhöht. Schauen wir uns an, welche Eigenschaften das Compute-Modul hat und wie hoch dessen Performance ausfällt.
Das Compute-Modul ist eine spezielle Steckkarte, welche quasi ein Mini-Mainboard mit PCIe-Anschluss darstellt. Auf der Platine befinden sich ein verlöteter Prozessor wie der Core i9-11900KB (das steht für BGA, also Ball Grid Array), zwei SO-DIMM-Einschübe für DDR4-3200-Arbeitsspeicher und gleich drei M.2-2280-Steckplätze für NVMe-SSDs.
Es gilt dabei zu beachten, dass nur der M.2 rechts neben den RAM-Riegeln mit PCIe Gen4 x4 angebunden ist. Die in unserem Muster verbaute Sabrent Rocket 4.0 erreicht daher auch lesend eine Transferrate von 5 GByte/s, in den beiden PCIe-Gen3-x4-Steckplätzen via WM590-Chip links ist bei 3,6 GByte/s bereits Schluss.
Eine vierte SSD, sogar mit M.2-22110-Länge und PCIe Gen4 x4, lässt sich über eine Klappe an der Unterseite des NUC11 einbauen. In diesem Fall wird der PEG-Slot nur noch im x8-Modus betrieben, der x4-Slot bleibt allerdings erhalten. Der Beast Canyon nimmt bis zu 64 GByte DDR4-3200-Speicher auf, im Test kamen 32 GByte des Teamgroup T-Create zum Einsatz.
Tiger Lake H45 auf Steroiden
Während RAM und SSD für den Barebone hinzugekauft werden müssen, ist bereits ein AX210-Kärtchen von Intel montiert. Das liefert WiFi6E (802.11ax) mit einer 2x2-Antennenkonfiguration und 160 Hz Kanalbreite, zudem unterstützt es 6-GHz-WiGig und Bluetooth 5.2 für Peripherie.
Beim Prozessor handelt es sich um einen achtkernigen Core i9-11900KB, nicht zu verwechseln mit einem Core i9-11900K (Test). Denn während Letzterer ein gesockelter Rocket Lake mit 14 nm ist, verbirgt sich hinter Ersterem ein verlöteter Tiger Lake H45 mit 10 nm. Aufgrund des erhöhten Power Targets von 65 Watt wird er von Intel als Desktop-Chip einsortiert, auch wenn es sich im Kern um eine Mobile-SKU handelt.
Kurzfristig - bis zu 28 Sekunden - darf der 11900KB auf bis zu 109 Watt boosten, was sich auch in allen Benchmarks zeigt. Danach liegen dauerhaft die 65 Watt an, was deutlich weniger ist als die 125 Watt, die Intel für den 11900K vorsieht. Die CPU des Beast Canyon rechnet daher langsamer und liegt unseren Messungen zufolge auf dem Niveau eines Core i7-11600K, denn dieser gleicht die sechs statt acht Kerne durch seine 125 Watt aus. Der NUC11 Extreme hat daher mehr als genug Leistung für aktuelle Anwendungen und Spiele.
Nie wirklich ruhig
Im Leerlauf stehen der Lüfter im Netzteil und die drei im Deckel still, der kleine Propeller des Compute-Moduls rotiert aber ständig mit hörbarer Drehzahl. Wird die CPU belastet und genehmigt sich kurzfristig ihre vollen 109 Watt, springen die 90-mm-Lüfter im Deckel an (bis zu 1.600 rpm), vor allem aber brüllt die Prozessorlüftung förmlich auf (bis zu 2.300 rpm). Sobald die 65 Watt anliegen, sinkt der Geräuschpegel zwar, leise ist der Beast Canyon jedoch absolut nicht.
Auf dem Desktop benötigt der NUC11 Extreme mit Intel-Grafik rund 25 Watt, mit der Geforce RTX 3060 von Asus sind es 37 Watt. Bei CPU-Last springt die Leistungsaufnahme auf 163 Watt und pendelt sich dann bei 112 Watt ein, in Spielen - wir haben Hunt Showdown gestartet - werden 255 Watt erreicht.
Intel verkauft den NUC11 Extreme alias Beast Canyon in zwei Varianten, eine dritte wurde gestrichen. Das Topmodell nutzt den achtkernigen Core i7-11900KB mit bis zu 5 GHz, das andere den kaum langsameren Core i7-11700B mit bis zu 4,9 GHz und ebenfalls acht Kernen. Der NUC11BTMi9 kostet rund 1.200 Euro, der NUC11BTMi7 ist mit 1.000 Euro etwas günstiger.
Fazit
Anders als die quadratischen Standard-NUCs sind die Extreme-Ableger weniger typische Mini-PCs als vielmehr kompakte Barebones, die das technisch Machbare ausreizen. Die schiere Menge an Anschlüssen und Steckplätzen in einem 8-Liter-Gehäuse macht den Beast Canyon schon außergewöhnlich, der Prozessor tut sein Übriges.
Mit acht USB-3.2-Gen2-Buchsen, doppeltem Thunderbolt 4 und 2,5-GBit/s-Ethernet wird alles aufgefahren, was Intel derzeit zu bieten hat. Auch die vier Steckplätze für SSDs - davon zwei mit PCIe Gen4 x4 - stellen angesichts des Volumens ein Novum dar, wenngleich bei Vollbestückung die Grafikkartenanbindung auf einen immer noch schnellen Gen4-x8-Link halbiert wird.
Das ist wichtig, denn dank 30 cm Tiefe eignet sich der NUC11 Extreme für Pixelbeschleuniger bis zu einer Geforce RTX 3080 Ti und damit einem der leistungsfähigsten Modelle überhaupt. Passend hat Intel mit dem Core i9-11900KB einen speziellen 10-nm-Prozessor entwickelt, der mit acht Kernen und 65 Watt immerhin auf dem Niveau eines Core i7-11600K liegt.
Bei all der auf engstem Raum zusammen gequetschten Hardware ist der Nachteil des Beast Canyon schnell ausgemacht: Im Leerlauf stehen der Netzteillüfter und die drei im Deckel still, der kleine Propeller des CPU-Kühlers rotiert aber ständig mit hörbarer Drehzahl. Sobald der Prozessor seine 109 Watt Boost anlegt, brüllt der Lüfter förmlich, erst im 65-Watt-Betrieb drosselt er auf eine mit Headset vertretbare Geräuschkulisse.
Und dann wäre da noch der Preis: Selbst wenn wir den kaum flotteren i9-NUC außen vor lassen, schon der i7-Barebone kostet über 1.200 Euro - wohlgemerkt ohne RAM und ohne SSD, von einer dedizierten Grafikkarte ganz zu schweigen. Sei's drum, für Technikliebhaber ist der NUC11 Extreme Beast Canyon definitiv eine Option.
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