Im Kampf gegen Kinderpornografie will Apple eine neue Funktion in der kommenden iOS-Version einführen, durch die auf den Endgeräten gespeicherte Fotos gescannt und bei erkannten Missbrauchsfotos Behörden benachrichtigt werden. Sicherheitsforscher und Datenschützer haben erhebliche Bedenken, und bezweifeln, dass die Funktion nicht auch anderweitig eingesetzt wird.
Mit der Ankündigung, in die kommende Version des mobilen Betriebssystem iOS 15 für die populären iPhones eine Funktion zur automatisierten Erkennung von Kindermissbrauchsfotos (Child Sexual Abuse Material – CSAM) zu integrieren, hat Apple für erhebliche Unruhe unter Datenschützern und IT-Sicherheitsexperten gesorgt.
Apple plant Kontrolle von Daten direkt auf den Endgeräten
Automatische Scans von Fotos mit dem Ziel, Missbrauchsmaterial zu entdecken, um die Anbieter und Konsumenten derartiger Aufnahmen zu identifizieren, sind im Grunde keine neue Sache. So überprüfen schon viele der großen Cloud-Anbieter wie Microsoft, Google oder auch Facebook und Twitter die von den Nutzern auf die Server hochgeladenen Inhalte, um die Verbreitung derartige Fotos zu unterbinden, doch die Apple-Pläne gehen noch einen Schritt weiter, denn die Überprüfung soll hier dann direkt auf den iPhones und iPads der Nutzer erfolgen.
Grundsatzkritik an geplantem Hersteller-Backdoor reißt nicht ab
Apple vertritt zwar die Meinung, dass die Überprüfung der Fotos bzw. der Abgleich der Aufnahmen mit Fotos aus Datenbanken von Anti-Missbrauchs-Einrichtungen bzw. Kinderschutzorganisationen auf den Endgeräten nicht nur zu besseren Erkennung führe, sondern dieses Vorgehen sogar datenschutzfreundlicher sei, als lediglich eine Überprüfung von Cloud-Speichern vorzunehmen.
Doch dieser Meinung wollen sich viele Bürgerrechtler, Datenschützer und IT-Sicherheitsexperten nicht anschließen und kritisieren die geplanten Kontrollfunktionen als Sündenfall, durch den letztlich vom Hersteller selbst eingebaute Backdoors auf IT-Geräten auf breiter Front etabliert werden könnten und damit in der Folge auch die Grundlage für weitreichende Überwachungs- und Zensurmaßnahmen geschaffen werde.
Allein die Möglichkeit, durch eine solche Hersteller-Backdoor die auf den Endgeräten gespeicherten Daten jederzeit auslesen und unerwünschte Inhalte identifizieren zu können, sei etwa für totalitäre Staaten eine Wunschlösung, mit der Überwachungsmaßnahmen deutlich einfacher und effektiver durchgeführt werden könnten. Denn mit der Überprüfung der Daten direkt auf den Endgeräten kann auch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung keinen Schutz mehr bieten.
Hintertür für mehr globale Überwachung und Zensur?
Die Bürgerrechtler der Electronic Frontier Foundation (EFF) sehen in den geplanten Funktionen daher eine Hintertür für mehr globale Überwachung und Zensur, und weisen in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass eine derartige Technik wohl niemals ausschließlich auf den Einsatz im Kampf gegen Kindermissbrauch beschränkt bleiben werde, wie Apple dies behauptet.
Ähnlich äußerten sich nach Bekanntwerden der Apple-Pläne auch zahlreiche andere Sicherheitsexperten wie der amerikanische Kryptologie-Experte Matthew Green oder auch der NSA-Whistleblower Edward Snowden, die ihre Meinungen auf ihren Twitter-Konten veröffentlichten.
Journalistenverbände sehen Verstoß gegen DSGVO
Als Gefahr für den freien Journalismus bezeichnen nun auch Journalistenverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Pläne des Apple-Konzerns. In einer gemeinsamen Erklärung fordern sie daher die EU-Kommission sowie Datenschutzbehörden dazu auf, gegen diese Pläne vorzugehen, da diese auch einen eindeutigen Verstoß gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung darstellten.
Erster Schritt zu vielfältigen Überwachungsmöglichkeiten?
Auch in der Stellungsnahme der europäischen Journalistenverbände hier äußert man die Befürchtung, dass die automatische Überprüfung der Bilddaten im Bereich der Kinderpornografie nur ein erster Schritt sei und später dann beispielsweise auch Bilder oder Videos von unabhängigen Journalisten oder Regimekritikern überprüft werden könnten, um die Weiterverbreitung dieses Materials zu verhindern. Auch investigative Recherchen könnten somit erschwert werden.
Zwar plant Apple die neuen Scanning-Methoden mit iOS 15 für iPhones (bzw. iPadOS 15 für iPads) zunächst nur in den USA einzuführen, doch sei damit zu rechnen, dass diese Funktionen später auch in anderen Teilen der Welt aktiviert werden.
Mit dem Hinweis darauf, dass
„ein amerikanisches Privatunternehmen über die Zulässigkeit von Inhalten urteilen und diese auch noch einsehen und weiterleiten“
wolle, verwies die ehemalige USA-Korrespondentin Priscilla Imboden von der Schweizer Mediengewerkschaft SSM auf ein weiteres grundlegendes Problem der Apple-Pläne.
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