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3D-Druck-Messe Formnext 2021: Raus aus der Nische - Golem.de - Golem.de

3D-Druck wird immer schneller, schöner und effizienter. Die Technologie ist dabei, die Produktion zu revolutionieren und in unseren Alltag einzuziehen.

Ein Bericht von Elias Dinter
Verwobenes aus dem 3D-Drucker auf der Formnext 2021
Verwobenes aus dem 3D-Drucker auf der Formnext 2021 (Bild: Mesago / Marc Jacquemin)

Obwohl die ersten 3D-Drucker schon in den 1980er-Jahren die Forschungslabore verließen, hatte die Technik jahrzehntelang einen schweren Stand. Die Vision, dass jeder und überall Alltagsgegenstände aus einer Art Metamaterial fertigen könnte, bleibt zwar bis auf Weiteres Science-Fiction, allerdings hat sich der 3D-Druck seit einiger Zeit als eigenständiger Fertigungsprozess in der Industrie etabliert und bei Privatanwendern die Schreibtische und Garagen erobert.

Formnext, Europas größte Fachmesse für additive Fertigung, hat in diesem Jahr gezeigt: Die Geräte werden immer größer, schneller und besser - und dabei immer günstiger. Und es werden zunehmend technische Probleme gelöst, die bisher einer weiteren Verbreitung in unserem Alltag im Weg gestanden haben.

Ausgelaufene Patente bringen die Industrie voran

Wirklich an Dynamik hat der Markt mit dem Auslaufen wichtiger Patente gewonnen - wie etwa 2009 für das Fused-Deposition-Modeling-Verfahren (FDM), 2013 bis 2015 für die Stereolithographie (SLA) und 2014 für das Selektive Lasersintern (SLS).

Bis dahin waren der Aufwand und das benötigte Know-how für den Einsatz dieser neuen Technologien sehr hoch und damit die Stückkosten für einen Einsatz in der Fertigung unverhältnismäßig teuer. Auch waren Quantität und Qualität der Erzeugnisse oft nicht für praktische Anwendungen geeignet und die konventionelle Massenfertigung, gerade in Fernost, blieb hier dem 3D-Druck überlegen.

Dennoch eroberte die additive Fertigung in der Industrie Zug um Zug feste Nischen, gerade dort, wo hocheffiziente Bauteile in kleinen Stückzahlen gefertigt werden müssen. So setzt zum Beispiel Rolls-Royce seit einigen Jahren bei seinen Triebwerken für Flugzeuge auf 3D-gedruckte Teile.

Einfache Modelle schon ab wenigen hundert Euro zu haben

Gleichzeitig sind die Geräte immer günstiger geworden und mittlerweile sind einfache Modelle schon ab wenigen hundert Euro selbst für Privatanwender erschwinglich. Dazwischen hat sich ein mannigfaltiges Ökosystem verschiedenster Hersteller und Geräte entwickelt, die immer neue Einsatzgebiete für den 3D-Druck erschließen.

Auch die Verfahren selbst entwickeln sich weiter, wie auf der Formnext zu sehen war. So kann nun etwa verhindert werden, dass die Teile sich beim Abkühlen verformen und dann nicht mehr zusammenpassen. Auch Stützen für überhängende Teile könnten bald in vielen weiteren Fällen überflüssig sein.

Der FDM-Druck stellt nach wie vor das Rückgrat der Industrie bei günstigen und mittelpreisigen Geräten dar. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Zuerst wird das Druckmaterial meist durch Hitze verflüssigt, um dann durch eine Düse in dünnen Schichten übereinander gelegt zu werden. Im Anschluss härtet das Material selbständig aus und bildet so eine feste Struktur - das gewünschte Werkstück.

Ein großer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass viele unterschiedliche Materialien auf diese Art und Weise gedruckt werden können, vor allem Kunststoffe wie Polylactide (PLA) und Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer (ABS), aber auch Hochleistungskunststoffe wie das in der Industrie beliebte Polyetheretherketon (PEEK).

Auch Metalle lassen sich mit diesem Verfahren schichten oder ganz andere Materialien wie etwa Beton für 3D-gedruckte Gebäude. Selbst beim Aufbau von biologischen Strukturen wie etwa Organen aus entsprechenden Zellmaterialien kommt dieses Verfahren zum Einsatz.

Da diese Technik schon seit über einem Jahrzehnt weitgehend patentfrei ist, gibt es hier die meisten Entwicklungen und Produkte am Markt. Wir können hier nicht alle Trends und Entwicklungen in diesem Feld aufgreifen, dazu ist der Markt einfach zu groß. Zwei bemerkenswerte neue Entwicklungen möchten wir hier aber kurz darstellen.

Ein Grundproblem des FDM-Verfahrens ist das Verziehen der geometrischen Form der Bauteile beim Abkühlen und Aushärten nach dem Druck. Auch können beim Abkühlen innere Spannungen entstehen, die die statische Integrität des gedruckten Gegenstands unterminieren.

Kontrolliertes Abkühlen durch beheizten Bauraum

In der Makerszene wird dieses Problem oft dadurch umgangen, dass man entsprechend gutmütige Materialien verwendet. Jedoch sind solche Kunststoffe wie PLA oder Polyethylenterephthalat (PETG) nicht für alle Projekte geeignet. Materialien wie ABS-Kunststoffe, Polyvinylchlorid (PVC) oder gar PEEK können auf diese Art und Weise gar nicht gedruckt werden, ohne dass es zu Verformungen kommt.

Schon bei einer Auflage von Kleinserien, aber insbesondere für größere Stückzahlen, ist dieses Problem unbedingt zu kontrollieren. Nichts ist schlimmer als lauter unterschiedliche Teile, die am Schluss nicht zusammenpassen.

Als etablierte Methode hat sich zum einen bewährt, die Druckplatte zu beheizen. Aber auch dies reicht bei einer Vielzahl von Materialien für einen industriellen Prozess nicht aus. Besser ist es, gleich einen beheizten Bauraum zu schaffen, den man beim Druck konstant auf einer Temperatur zwischen 80 °C und bei Materialien wie PEEK auch gern mal an die 200 °C hält, um ihn nach Beendigung des Drucks kontrolliert auf Raumtemperatur abkühlen zu lassen.

Dieses Verfahren war jedoch in Teilen lange patentrechtlich geschützt und das letzte Patent ist erst Anfang 2020 ausgelaufen. Es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren mehrere Firmen diese Lücke mit Produkten bedienen werden, damit der FDM-Druck abseits von PLA und PETG an Bedeutung gewinnt und solche Drucker erschwinglicher werden.

Ein weiteres Problem des FDM-Verfahrens ist, dass die Struktur konventionell in einer 2D-Ebene aufgebaut wird, bevor die Z-Achse um einen Höhenschritt weitergefahren wird, um dann den planaren Aufbau im Anschluss von vorne zu beginnen. Dies führt zu einzelnen Schichten im Werkstück, die eine Schwachstelle bei den Übergängen bilden.

Auch bereitet dieser rein flächige Aufbau Probleme bei überhängenden Geometrien. Hier müssen aufwendig Stützstrukturen mit aufgebaut werden, um das Werkstück während des Drucks zu halten.

Dies verlangsamt den ganzen Druckprozess nicht nur erheblich, sondern erfordert einen nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Materialverbrauch. Wirtschaftlich schwierig gestaltet diesen Prozess auch die nachträglich nötige Handarbeit für die Entfernung der zusätzlich gedruckten Stützen. Verfahren, wie etwa ein zweites Material für den Aufbau von löslichen Stützstrukturen zu verwenden, können das Problem zu einem gewissen Grad vereinfachen. Allerdings benötigt man hierfür eine zweite Druckdüse und exotische, teure Materialien wie High-Impact Polystyrene (HIPS) oder Polyvinylalkohol (PVA).

Ein Druck mit verschiedenen Materialien ist zudem immer ein Kompromiss zwischen verschiedenen Druckeigenschaften, und dies auszutarieren, ist in der Praxis nicht einfach. Auch hier ist weiterhin Handarbeit nötig und diese ist immer schwer in einen industriellen Prozess zu integrieren, was den Druck schnell teuer und wenig berechenbar macht.

Eine Möglichkeit zur Lösung dieser Probleme ist, den Druck nicht wie bisher im zuvor erläuterten 2D + 1D Verfahren zu bewerkstelligen, sondern ihn um die zwei Achsen A und B zu erweitern. Hierbei steht die A-Achse für die Rotation um die X-Achse und die B-Achse für eine Drehung um die Y-Achse.

Dieses Prinzip wird schon seit vielen Jahren in der Fertigung praktisch eingesetzt, jedoch im benachbarten Bereich der CNC-Fräsen. Hier werden komplexe Bauteile entweder im sogenannten 3D + 2D Verfahren gefertigt, bei der die Kartesischen Koordinaten separat und unabhängig von den Rotationsachsen bewegt werden, oder aber im echten 5-Achs-Verfahren, bei dem alle Achsen simultan für eine Bewegung gesteuert werden müssen (Rotated Tool Center Point (RTCP)).

Gerade bei letzterem Verfahren sind die mathematischen Berechnungen der Geometrie recht komplex, entsprechende Softwarelösungen abseits von sehr hochwertigen Industriegeräten noch unbezahlbar und somit für den breiten Anwendungsbereich nicht zugänglich.

Stützenfrei drucken

Dieses Prinzip lässt sich jetzt aber auch auf den FDM-Druck übertragen, wobei hier von großem Vorteil ist, dass anders als bei den Fräsen keine großen Kräfte auf die konstruktionsbedingt etwas labilen Rotationsachsen wirken. Daher lässt sich so ein Aufbau von der Hardware mit recht geringen Zusatzkosten umsetzen und derart ausgestattete Geräte sollten nicht unerschwinglich teuer werden.

Der Vorteil dieses Aufbaus liegt auf der Hand: Durch die geschickte Positionierung der Druckfläche zum Druckkopf können die für den FDM-Druck so kritischen Überhänge jenseits von 45° ganz einfach aufgelöst werden. Indem das Bauteil auf der Druckplatte entsprechend gekippt wird, lässt sich der Druckwinkel zur Düse entsprechend reduzieren und die sonst notwendigen Stützstrukturen können entfallen.

Auch können Geometrien ganz anders aufgelöst werden, sodass zum Beispiel auch Drucke auf nicht ebenen Flächen möglich werden. So können Verzweigungen direkt auf einer gekrümmten Oberfläche angesetzt werden, etwa auf einer Kugel.

Bauteile müssen auch nicht mehr zwangsweise aus gleich ausgerichteten Schichten zusammengesetzt werden, sondern im Prinzip sind auch Werkstücke aus einer einzigen spiralförmigen Lage vorstellbar. Oder man kann die Schichten bereits beim vorbereitenden Berechnen der Druckbahnen (Slicing) so anordnen, dass sie parallel zu den erwarteten Stressrichtungen des Werkstücks verlaufen.

Statt sie einfach immer nach einer mehr oder weniger zufällig gleichen Ausrichtung planar verlaufen zu lassen oder einfache geometrische Muster wie eine Wabenstruktur anzuwenden, können beispielsweise Belastungssimulationen des Bauteils die Verteilung der Kräfte gut abbilden. Durch die zwei zusätzlichen Achsen lässt sich der Druck jetzt entlang dieser Belastungslinien ausrichten und so auch die Schichten beim Druck entsprechend legen. So werden Brüche entlang der strukturell schwächeren Schichtkanten vermieden und das Bauteil gewinnt enorm an struktureller Stabilität in der praktischen Anwendung.

Die Möglichkeiten sind vielfältig, aber ein Slicer, der all diese Möglichkeiten konsequent anwendet, ist noch nicht entwickelt. Selbst die teuersten Industriemaschinen bringen hier erst eine Software mit, die nicht alle denkbaren Möglichkeiten dieses Ansatzes ausnutzt. Meist konzentriert man sich auf nur eine der Vorzüge und vermarktet das Gerät dann entsprechend.

Nach und nach traut sich die Industrie jedoch an diese Technik heran und man sieht immer mehr Technologiedemonstrationen und Prototypen. Einige Geräte haben es mittlerweile auf den Markt geschafft.

Das günstigste kommt wohl von Ethereal Machines mit dem Produkt Halo, das ab circa 35.000 Euro zu haben ist. Aber auch andere Hersteller haben entsprechende Geräte in der Entwicklung und es ist abzusehen, dass sich das Angebot an solchen Maschinen in den nächsten Jahren in verschiedenen Anwendungsfällen und Preisklassen diversifizieren wird.

Es ist zu hoffen, dass sich auch ein Hersteller der Entwicklung eines günstigen Einsteigermodells widmen wird. Theoretisch scheint auch ein Gerät für wenige tausend Euro möglich. Dann müsste allerdings die Software so weit entwickelt sein, dass sie diese Technologie auf Knopfdruck einem genügend großen Anwenderkreis zur Verfügung stellen kann, damit sich so ein auf Stückzahlen optimiertes Geschäftsmodell trägt.

Flüssig ist das neue Gold

Neben dem FDM-Verfahren gibt es aber noch eine ganze Reihe von alternativen Technologien in der Branche. Auf der Formnext wird deutlich, dass die Stereolithographie im Kommen ist. Nicht selten liegt weniger als ein Jahr zwischen zwei Modellen.

Die Geräte werden zahlreicher und vor allem auch deutlich günstiger. Musste man vor ein paar Jahren noch einen fünfstelligen Betrag investieren, um eine industrielle Maschine zu erwerben, sind viele Geräte heute schon im vierstelligen Bereich zu bekommen. Einsteiger finden mittlerweile auch schon Geräte mit beachtlicher Leistungsfähigkeit selbst im mittleren dreistelligen Bereich.

Bei der SLA-Technik, der historisch ältesten 3D-Druckmethode, wird aus einem flüssigen Rohstoff, meist einem Kunstharz, mithilfe von ultraviolettem Licht das Objekt schichtweise ausgehärtet. Dies hat prinzipiell mehrere Vor-, aber auch einige Nachteile: Mit Licht lassen sich viel feinere Strukturen ausbilden als mit einer im Vergleich recht groben Düse. Auch lässt sich ein Laserstrahl viel flinker über eine Fläche führen als ein Druckkopf.

  • Shining3Ds AccuFab-L4K ist ein hochwertiger Desktop-SLA-Drucker mit DLP-Technologie. Schön zu erkennen sind die Stützstrukturen, die das eigentliche Werkstück schräg zur Druckplatte halten. Ein typisches Bild für einen SLA-Drucker. (Bild: Elias Dinter)
Shining3Ds AccuFab-L4K ist ein hochwertiger Desktop-SLA-Drucker mit DLP-Technologie. Schön zu erkennen sind die Stützstrukturen, die das eigentliche Werkstück schräg zur Druckplatte halten. Ein typisches Bild für einen SLA-Drucker. (Bild: Elias Dinter)

Vielmehr gibt es sogar Geräte, die eine Oberfläche auf einen Rutsch nur an den gewünschten Stellen belichten und somit für eine einzelne Schicht nur ein paar Sekunden zum Aushärten benötigen - mit einem FDM-Drucker undenkbar. Andererseits ist man auf Materialien beschränkt, die mit UV-Licht reagieren und kann somit nicht auf eine breite Palette aus günstigen und erprobten Kunstoffen zurückgreifen.

Kunstharze, die sich wie ABS verhalten

Allerdings hat sich in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahren viel getan. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Kunstharzen, die den Eigenschaften ihrer FDM-Vorlagen schon recht nahekommen.

So finden sich Harze, die versprechen, sich wie ABS im ausgehärteten Zustand zu verhalten; Mischungen, die flexibel bleiben und damit eine eher gummiartige Konsistenz ausbilden oder Spezialharze wie zum Beispiel Keramikharze, mit denen sich auf ganz neue Art und Weise töpfern lässt. Kunstharze, die sich rückstandslos ausbrennen lassen, sind vor allem in der Schmuckmanufaktur schnell in Mode gekommen. Sie dienen als Grundlage zur Erstellung von Gussformen für Metalle.

Fairerweise muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Interoperabilität zwischen Harzen von Drittherstellern und den etablierten SLA-Druckern noch nicht mit der Situation beim FDM-Druck vergleichbar ist. Hier spielen noch zu viele Variablen zwischen den verschiedenen Druckern und den Harzen nicht immer so reibungslos zusammen, wie es der Konsument sich wünscht.

Erschwerend kommt hinzu, dass es bei den SLA-Drucker-Herstellern immer noch eine Tendenz gibt, geschlossene Ökosysteme zu vermarkten, um Konkurrenz bei den Verbrauchsmaterialien möglichst fernzuhalten. Eine gängige Praxis ist, dass bei nicht-autorisierten Betriebsmitteln wie Harzen von Drittanbietern Garantieverlust droht. Ferner bleiben Druckereinstellungen für den Anwender unzugänglich oder Parameter werden nicht dokumentiert.

Der Nachbearbeitungsprozess bei SLA ist darüber hinaus deutlich komplexer und beinhaltet giftige Substanzen wie Isopropanol. Auch das Harz an sich ist im flüssigen Zustand in der Regel toxisch.

SLA-Bauteile hängen beim Druck kopfüber an der Druckplattform und werden aus dem Harzbad Stück für Stück herausgezogen, was für sehr viele Objekte Stützstrukturen erforderlich macht. Diese müssen wiederum aufwendig per Hand entfernt werden.

Bei den günstigen LCD-Druckern, die ein LC-Display für die Steuerung der Belichtung einsetzen, stieg nicht nur die Auflösung von 2K zu 4K und jetzt zu ersten 8K-Geräten, sondern die LCDs wurden von gewöhnlichen chromatischen Displays zu speziell für den 3D-Druck entwickelten monochromen LCDs weiterentwickelt.

Bessere Konturen, weniger Verschleiß

Das entspricht damit nicht nur einer Versechzehnfachung der Pixel pro Fläche, sondern es entfällt auch der Sperrfilter für die Grundfarben, was eine Verdreifachung der Lichtdurchlässigkeit ermöglicht.

Die Drucke haben somit nicht nur nochmal deutlich mehr Details, sondern können auch deutlich kürzer bei jeder Schicht belichtet werden. Die teuren LCDs haben jetzt die dreifache Lebenszeit von ungefähr 2.000 Stunden, bevor sie ausgetauscht werden müssen.

  • Der Formlabs Form 3L ist einer der größeren SLA-Drucker auf dem Markt. Er wird auch zusammen mit einer Wasch-Station und einer UV-Belichtungs-Station zum gleichmäßigen Aushärten der Werkstücke angeboten. (Bild: Elias Dinter)
Der Formlabs Form 3L ist einer der größeren SLA-Drucker auf dem Markt. Er wird auch zusammen mit einer Wasch-Station und einer UV-Belichtungs-Station zum gleichmäßigen Aushärten der Werkstücke angeboten. (Bild: Elias Dinter)

Doch auch die konkurrierende Beleuchtungstechnik Digital Light Processing (DLP) von Texas Instruments ist mittlerweile im günstigen Massenmarkt angekommen. Sie verspricht trotz geringerer Auflösung ein saubereres Druckbild mit gestochen scharfen Konturen und eine zehnfache wartungsfreie Lebensdauer im Vergleich zu LCD-basierten Geräten.

Bevor wir uns der Königsdisziplin des 3D-Drucks zuwenden, lohnt es sich, die Continuous Liquid Interface Production (CLIP) des Herstellers Carbon anzuschauen. Diese 2014 patentierte Technik zeigt eindrucksvoll, wie die Zukunft vor unseren Augen entsteht. Ähnelt die Technik auf den ersten Blick vom Aufbau her noch der Stereolithographie, so erstaunt die Geschwindigkeit, in der die Werkstücke dem Harz entwachsen.

Innerhalb von nur wenigen Sekunden entstehen Werkstücke, die sonst gut und gerne eine Stunde und mehr auf einem schnellen gewöhnlichen SLA-Drucker benötigen. Nimmt man ein Werkstück in die Hand, fällt auf, dass dieses makellos wirkt. Von den für den 3D-Druck so charakteristischen Schichten ist nichts zu erkennen.

Der Trick hier ist, dass die CLIP-Technologie wirklich auf Schichten im klassischen Sinne verzichten kann oder, wenn man so will, die Schichten nur so hoch wie ein Molekül sind. Erreicht wird dies durch eine zusätzliche Membran am Boden der Druckwanne. Neben der Belichtung kann so auch der Sauerstoff, der beim Aushärten zur Verfügung steht, kontrolliert und justiert werden, sodass das Werkstück der Grenzschicht zwischen sauerstoffreichem und sauerstoffarmem Harz kontinuierlich wachsen kann.

Leider kann man kein Gerät mit dieser Technik käuflich erwerben. Carbon bietet ausschließlich ein Mietmodell zu seinen Geräten an. Kostenpunkt für die größeren Geräte ist ein mittlerer fünfstelliger Betrag im Monat. Es gibt inzwischen jedoch auch ein kleines Einsteigergerät, das für 25.000 US-Dollar im Jahr angeboten wird.

Eine genauere wirtschaftliche Betrachtung können wir an dieser Stelle nicht geben, aber wenn man sich nach einer ernsthaften Alternative zu klassischen Massenfertigungsverfahren wie Spritzguss umsehen möchte, sollte man sich mit der CLIP-Technik auseinandersetzen. Als prominentes Beispiel versucht das Unternehmen Adidas seit vier Jahren, derart 3D-gedruckte Zwischensohlen in Laufschuhen im Markt zu etablieren.

  • Wie Carbon versucht sich auch Formlabs an Schuhsohlen. (Bild: Elias Dinter)
Wie Carbon versucht sich auch Formlabs an Schuhsohlen. (Bild: Elias Dinter)

Freiheit in Form und Material: SLS-Druck

Denkt man an ein ideales 3D-Druckverfahren, kommt man am Selektivem Lasersintern nicht vorbei. Es vereint so viele positive Eigenschaften, die man gemeinhin mit dem 3D-Druck assoziiert, dass man diese Technik mit Recht als die Königsdisziplin der additiven Fertigung ansehen kann. Sie funktioniert mit einer Vielzahl an Materialien und kann jegliche Form an Geometrien ohne Kompromisse oder zusätzlichen Aufwand drucken. Werkstücke können sogar gedruckt eine Festigkeit erreichen, als wenn man sie aus einem Block des gleichen Materials fräsen würde.

Allerdings ist der SLS-Druck auch bis heute die mit Abstand komplexeste Drucktechnik, was sich sowohl im Preis niederschlägt, als auch bei der Auswahl an Geräten und den zusätzlichen Ressourcen, die man für den Betrieb eines solchen Gerätes einplanen muss.

Pulver wird zu einem Bauteil verschmolzen

Beim SLS-Verfahren wird ein feines Pulver im Bauraum erhitzt, das zuvor von einer Walze zu einer wenige Mikrometer dicken Schicht ausgerollt wurde. Die Temperatur des Bauraums darf nur wenige Grad unter der Schmelztemperatur des Trägermaterials liegen und alles eingebrachte Pulver muss entsprechend vollständig aufgeheizt sein.

Sobald die Zieltemperatur erreicht wird, kann mit dem eigentlichen Sinter-Prozess begonnen werden, also dem Verschmelzen des Materials zu einem festen Werkstück. Hierfür wird ein Laser verwendet, um die Temperatur um die wenigen Grad Celsius punktuell zu erhöhen, damit das Material verschmilzt. Es eignen sich je nach verwendetem Material klassische CO2-Laser oder moderne Halbleiterlaser. Als Wellenspektrum des Lasers haben sich nicht zuletzt aus Kostengründen in den letzten Jahren Infrarotlaser in der Industrie etabliert, auch wenn Laser mit kurzen Wellenlängen Vorteile bei der Auflösung und Materialdurchdringung haben.

Das Werkstück wird schichtweise aufgebaut, wobei nach jedem Sintern eine neue Lage an Trägermaterial mit der Walze über die bereits verfestigte Schicht aufgetragen wird. An den Bereichen, die zuvor nicht gesintert werden mussten, wird ebenfalls eine neue Pulverschicht aufgelegt, sodass letztendlich ein quaderförmiger Block aus gepresstem Pulver entsteht, in dessen Innerem das verfestigte Bauteil eingeschlossen ist.

Mechanische Teile direkt aus dem Drucker

Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass beim Aufbau jeder einzelnen Schicht an jedem Ort stets eine Unterlage entweder aus festem oder losem Pulver besteht, sodass an jeder Stelle ein Untergrund vorhanden ist, auf dem der Sinter-Prozess aufbauen kann. So besteht kein Bedarf an Stützstrukturen und es können auch in sich verschachtelte Geometrien ohne Probleme gedruckt werden.

  • Ein bunter Mix aus SLA- und SLS-Drucken. Ob High Heels oder das Brillengestell aus dem Sinter-Drucker oder doch lieber das flexible Brillengestell aus Kunstharz? Das Rad vereint festes und elastisches Kunstharz. Highlight auf dem Tisch ist der bewegliche Handschuh, der aus einem Stück mit funktionierenden Gelenken im SLS-Verfahren gedruckt wurde.
Ein bunter Mix aus SLA- und SLS-Drucken. Ob High Heels oder das Brillengestell aus dem Sinter-Drucker oder doch lieber das flexible Brillengestell aus Kunstharz? Das Rad vereint festes und elastisches Kunstharz. Highlight auf dem Tisch ist der bewegliche Handschuh, der aus einem Stück mit funktionierenden Gelenken im SLS-Verfahren gedruckt wurde.

Beispiele hierfür sind Objekte wie etwa eine Kugel, die in einem Quader eingeschlossen ist, Ketten mit geschlossenen Kettengliedern, oder ein Stab aus mehreren ineinander liegenden Elementen, der sich teleskopartig ausziehen und wieder zusammenschieben lässt. Am beeindruckendsten sind aber sicher ganze Objekte mit Gelenken und Scharnieren, etwa eine Roboterhand, bei der jedes einzelne Teil perfekt ineinandergreift und das so als ein fertiges Bauteil in einem Stück voll funktionsfähig ausgedruckt werden kann. Dies kann keine andere Technik am Markt.

So faszinierend und gegebenenfalls auch arbeitserleichternd der Prozess sein kann (schließlich entfällt bei geschickter Konstruktion das Zusammenbauen aus verschiedenen Teilen), so arbeitsreich bleibt der ganze Druckprozess. Da nicht-gesintertes Pulver aufgrund der globalen Erhitzung des Bauraums trotzdem zu einem gewissen Teil degeneriert, kann es nur zu einem bestimmten Anteil wiederverwendet werden.

Um möglichst wenig loses Pulver als Nebenprodukt zu verschwenden, empfiehlt es sich daher, den Bauraum möglichst dicht mit Werkstücken zu bepacken. Bei verschiedenen Objekten mit unterschiedlichen Geometrien ist das auch als Rucksackproblem in der Informatik bekannt und das ist bekanntlich vollständig NP-schwer.

Das gleichmäßige Aufheizen und Abkühlen des Bauraums braucht seine Zeit und kostet Energie. Auch das Drucken an sich kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Bei günstigen Geräten kann allein dieser Prozess mehrere Tage dauern. Anschließend muss der Pulverblock fachmännisch und unter Einhaltung von Schutzvorschriften per Hand zerlegt und das Werkstück darin freigelegt werden.

Das freie Pulver ist durch seine feine Struktur krebserregend und darf nicht eingeatmet werden. Um diesen Prozess sicher durchführen zu können, wird von den meisten Firmen gleich eine Reinigungs- und Auffangstation für ihre Produkte angeboten. Hiermit kann das Freilegen professionell und sicher vonstatten gehen. Das überflüssige Pulver wird aufgefangen und kann dort auch gleich mit neuem Pulver vermischt und fertig verpackt für den nächsten Druck bereitgestellt werden. Allerdings sind solche Hilfsmittel nicht gerade günstig und benötigen einen zusätzlichen Stellplatz am Installationsort.

Auf der Messe stellte der überwiegende Teil der Aussteller Produkte im Zusammenhang mit SLS-Druck aus. Es werden viele Metalldrucker und entsprechendes Zubehör angeboten. Leider sind diese Geräte immer noch sehr teuer. Der Einstieg beginnt bei etwa 100.000 Euro, Spitzengeräte kosten aber auch gern mal mehr als eine Million Euro.

SLS ist in manchen Industrien das wichtigste Verfahren

Trotz solcher Preise haben sich diese Geräte in Industrien wie der Luft- und Raumfahrtindustrie oder bei Herstellern exotischer Fahrzeuge mittlerweile etabliert. Deutlich günstiger sind Geräte für das Sintern von Kunststoffen aus der Klasse der Polyamide wie etwa Nylon.

Dieses sehr robuste Material kann auch für viele alltägliche Produkte eingesetzt werden, wie Fahrradgriffe oder Pedale, den passenden Fahrradhelm oder die Halterung für das Telefon am Fahrrad. Für solche und ähnliche Produkte entsteht gerade ein Markt an verhältnismäßig günstigen Einsteigergeräten, die SLS auch für kleine und mittelständische Unternehmen interessant werden lässt.

Der Pionier günstiger Stereolithographie-Drucker Formlabs hat nach mehreren Jahren der Verzögerung sein erstes SLS-Gerät Fuse 1 in den Verkauf bringen können. Mit einem Preis von knapp 20.000 Euro ist es eines der günstigsten Geräte seiner Klasse. Allerdings muss man für die Reinigungs- und Wiederaufbereitungsanlage noch einmal die Hälfte des Kaufbetrags dazurechnen. Mit einem Bauraum von 17 cm x 17 cm x 40 cm und einer Druckzeit bei voller Höhe von rund 24 Stunden stellt es jedoch in diesem Markt ein wirklich interessantes Angebot dar.

  • Der Formlabs Fuse 1 ist nach mehrjähriger Verzögerung nun auf dem Markt erhältlich. Er gehört zu den günstigsten SLS-Druckern für Polyamide. (Bild: Elias Dinter)
Der Formlabs Fuse 1 ist nach mehrjähriger Verzögerung nun auf dem Markt erhältlich. Er gehört zu den günstigsten SLS-Druckern für Polyamide. (Bild: Elias Dinter)

Alternativ gibt es die Lisa der Firma Sinterit, die schon für knapp unter 10.000 Euro über den Ladentisch geht. Allerdings hat sie einen deutlich kleineren Bauraum und braucht für einen Druck mehrere Tage. Die große Schwester Lisa X ist von den technischen Daten näher am Fuse 1, aber preislich in einer ähnlichen Region.

Ein Kuriosum ist das Sintratec Kit der gleichnamigen Schweizer Firma Sintratec, das wohl als Reminiszenz an die Anfangszeit der Firma angeboten wird. Es ist ein Bausatz für einen kompletten SLS-Drucker, für dessen Zusammenbau man ein bisschen Geschick und drei Tage Zeit einrechnen sollte. Dafür erhält man für unter 5.000 Euro den maximal günstigen Einstieg in die SLS-Drucktechnik - allerdings mit einem doch recht bescheidenen würfelförmigen Bauraum mit einer Kantenlänge von gerade einmal 11 cm.

Wo liegt der Anwendungsbereich von SLS?

So mächtig die SLS-Technik sein mag: Die genannten Preise und vor allem die Druckgeschwindigkeit von über einem Tag zeigen, dass die Technik auf dieser Grundlage nur für den Einsatz bei individualisierten Produkten stattfinden kann. Vielleicht hat sie noch eine Chance bei Produkten, bei der eine Markteinführung sehr zeitkritisch und eine mehrwöchige Anlaufphase für eine konventionelle Massenfertigung nicht tragbar sind. Im medizinischen Bereich, etwa bei Prothesen, versuchen es die Hersteller ebenfalls, treffen hier aber auch nicht selten auf ein eher konservatives Umfeld und stehen mit SLA in harter Konkurrenz.

Anders sieht die Situation bei den Metall-Sinter-Druckern aus, die sich bei der Fertigung von hochspezialisierten Geräten wie Raketen, Flugzeugen oder Rennwägen schon einen festen Einsatzbereich erobert haben. Das Thema Metalldruck ist aber zu komplex, um an dieser Stelle angemessen diskutiert zu werden.

Wer Interesse daran hat, sich einen Überblick über die ganzen am Markt existierenden Technologien zu verschaffen und sehen will, wie diese voneinander abhängen, sollte sich den AM Field Guide der Formnext ansehen. Die Formnext 2021 in den Frankfurter Messehallen ist bereits Geschichte, jedoch findet am 30. November und am 1. Dezember noch eine digitale Veranstaltung statt, an der man teilnehmen kann.

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