Streuobstbewirtschafter fordern höhere Mostobstpreise. © Bernd Schaller
Der gemeinnützige Verein Hochstamm Deutschland e.V. untersuchte in einem bundesweit ersten Preismonitoring „Streuobst“, welche Preise Bewirtschafter für ihre harte Arbeit in den Streuobstwiesen bekommen.
StreuobstbewirtschafterInnen bekommen meist einen geringen Stundenlohn für ihre Ernte. Mehr als hundert von ihnen teilten im bundesweit ersten Preisbarometer, welche Preise Safthersteller und weitere Abnehmer fürs Mostobst bezahlen.
Hochstamm Deutschland e.V. zeigt nun die erstaunlichen Ergebnisse der Saison 2021. 2021 wies im Vergleich der Jahre eine schwache Streuobsternte auf. Kälte und Regen setzten den Bäumen während der Blütezeit
zu. Nichtsdestotrotz sammelten StreuobstheldInnen in Deutschland Mostobst und lieferten dieses zur Saftproduktion ab. 122 Mostobstliefernde teilten im ersten bundesweiten Preisbarometer von Hochstamm Deutschland e.V. ihre Auszahlungspreise. Das Ziel: Transparenz schaffen.
Stichprobe zeigt große Spannweite
Laut dem Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie (VdF) rechneten die Verarbeitungsunternehmen 2021 mit rund 300.000 Tonnen Mostobst. 133 Tonnen hiervon ernteten die Teilnehmenden des Preisbarometers. Dies entspricht zwar nur rund 0,044 Prozent der Gesamterntemenge in Deutschland. Dennoch zeigen die Ergebnisse, in welchen Spannweiten Safthersteller und weitere Verarbeiter ihre ErzeugerInnen entlohnten – inklusive überraschender Details.
Höchster Preis für konventionelles Obst
Den insgesamt höchsten Preis laut dem Preisbarometer von Hochstamm Deutschland e.V. zahlte eine Initiative in Obstwestfalen: 30 Euro/dt für konventionelles Mostobst – eine absolute Ausnahme in der Mostobstwelt. Über 10 Euro/dt niedriger lag der Höchstpreis für Bio-Mostobst, den mehrere Keltereien und Initiativen v.a. aus Süddeutschland meist im Rahmen eines Abnahmevertrags
bezahlten. Durchschnittlich erhielten die LieferantInnen über die gesamte Saison und deutschlandweit gesehen auf Grundlage der eingegangenen Meldungen aus der Praxis folgenden Preise:
- 9,86 Euro/dt für konventionelles Obst
- 16,44/dt Euro für Bio-Mostobst
Bio und konventionell mit negativen Ausreißern
Vor Ende September 2021 zahlten abnehmende Keltereien und Unternehmen niedrigere Preise als in der späteren Saison. Das unterste Limit lag in der Abfrage bei 6 Euro/dt – sowohl für konventionelles Mostobst als auch für Bio-Mostobst. Beides lief über einen Zwischenhändler. Damit lag dieser Preis mehr als 14 Euro/dt unter dem Mindestpreis von 20 Euro/dt, den verschiedene Vertreter aus Natur- und Streuobstschutz als fairen Auszahlungspreis ansehen. Aber auch die Durchschnittspreise zeigen: Die Bewirtschaftenden erzielen über den Mostobstpreis in der Mehrheit der Fälle nicht einmal den Mindestlohn und angemessene Wertschätzung für ihre wertvolle Arbeit. Das Zitat eines Abfrageteilnehmers bringt es auf den Punkt: „Bei den aktuellen Preisen kommt man etwa auf einen Stundenlohn von 4 Euro, Nebenkosten wie Grundsteuer und Beiträge an die Berufsgenossenschaft und natürlich Benzin und Geräte nicht eingerechnet.“
Wie gelingen faire Preise? Das Beispiel Olderdissen.
30 Euro/dt für Äpfel, 25 Euro/dt für Birnen. Das Obst-Aboretum Olderdissen aus der Nähe von Bielefeld beantwortet die zunehmenden Lücken in den Streuobstbeständen mit steigenden Preisen für die LieferantInnen. Hans-Joachim Bannier, der Initiator und Pomologe beobachtet die zunehmenden Lücken in den Streuobstbeständen und Bewirtschaftenden schon lange: „Die NachfolgerInnen auf den Höfen sammeln das Obst nicht mehr auf, "damit es nicht verkommt" - wie es die ältere Generation noch teils gemacht hat“. Seine Lösung für diese Situation sind faire Auszahlungspreise für die Praktiker. Die Initiative vermarktet den Streuobstsaft ausschließlich regional und spricht dabei stadtnahe VerbraucherInnen an und einzelne Supermärkte an. Allerdings
betont er, dass es sich um keine marktrelevanten Mengen handelt und die Situation in Ostwestfalen günstiger ist als imstreuobstreichen Süden. „Ostwestfalen ist nicht Baden-Württemberg. Hier gibt es eine relativ intakte Mostereien-Landschaft, die Mostobst günstig verarbeitet und vergleichsweise wenige Streuobstbestände“, erklärt Bannier die Unterschiede.
Streuobst ist Mehrwert!
Das Obst-Aboretum zeigt, wie faire Preise für StreuobstheldInnen gelingen und auch am Markt umzusetzen sind. Allerdings ist dies nicht die Regel. Hier ist noch deutlich Luft nach oben., das zeigt der Preisbarometer deutlich. Hochstamm Deutschland e.V. nimmt diese Ergebnisse zum Anlass, auf die Chance der Zusammenarbeit hinzuweisen. Martina Hörmann, Vorsitzende des Vereins zeigt sich wenig überrascht über die Auszahlungspreise und appelliert in erster Linie an die Bewirtschaftenden selbst: „Wir haben in Deutschland eine atomistische Angebotsstruktur, das heißt viele LieferantInnen, wenige Abnehmende. Für eine stärkere Position, die auch Preisverhandlungen ermöglicht, ist ein Zusammenschluss von Erzeugenden sehr wichtig.“ Sie verweist beispielsweise auf die Chancen von Erzeugerzusammenschlüssen, innovativen Produkten abseits vom klassischen Apfelsaft und die Notwendigkeit zum Aufbau starker Wertschöpfungsketten. Aber auch VerbraucherInnen sind gefragt, mit ihrem Kauf der wertvollen Produkte aus dem Streuobstbau dessen Zukunft zu stützen. „Hochstamm Deutschland e.V. entwickelt deshalb im Moment dafür ein Qualitätszeichen, dass für KonsumentInnen die Produkte aus 100 Prozent Streuobst erkennbar macht. Dadurch wird der Zusatznutzen auf den ersten Blick sichtbar.“ Außerdem führt Hochstamm Deutschland e.V. das Pilotprojekt „Preisbarometer“ in der Saison 2022 in eine neue Runde und will die Zahl der Teilnehmenden ausbauen.
Und warum? Anlass des Preisbarometers
Für viele landwirtschaftliche Produkte wie Milch, Kartoffeln oder Getreide gibt es regelmäßige Veröffentlichungen zu Erzeugerpreisen. Im Bereich Mostobst aus Streuobst fehlt dem gegenüber eine Preisübersicht in Abhängigkeit von der gelieferten Qualität.
Abnehmer rechtfertigen niedrige deutsche Preise oft damit, dass aus Polen, Tschechien und anderen Ländern billiges Mostobst u.a. aus dem Tafelobstanbau kommt. Ziel des „Preisbarometers Streuobst“ ist es deshalb, ransparenz für Streuobstbewirtschaftende und Abnehmende von Mostobst zu schaffen. Langfristig sind höhere Mostobstpreise eine wichtige Grundlage für den Erhalt der wertvollen Kulturlandschaft.
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Obst
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