Search

Frisches Obst zum Weltuntergang – eine aufschlussreiche Fahrt zur Apfelplantage - Berliner Zeitung

Die aktuellen Krisen – Klima, Krieg und Inflation – sind sogar an Orten zu finden, an denen sie wohl erst einmal kaum jemand vermuten würde. Zum Beispiel in einer Apfelplantage.

Äpfel kann man entweder unreif im Supermarkt kaufen oder reif vom Baum pflücken. Da wir in der Großstadt keinen eigenen Apfelbaum haben, ging es zur Selbstpflücke aufs Land. Mit großen Kisten, denn wer an den sprichwörtlichen 365 Tagen im Jahr einen Apfel will, braucht mindestens 73 Kilo. So viele wollten wir aber gar nicht pflücken, wir wollen nur über den Winter kommen.

Das wollen offenbar sehr viele Leute. Morgens um 9 Uhr bilden sich Autoschlangen an der Plantage, denn die Leute zahlen hier nur die Hälfte des Kilopreises beim Billigdiscounter. „So voll war es zuletzt nach dem Dürresommer 2007“, sagt die Chefin.

Sobald die Tore geöffnet wurden, schwärmen die Leute in die langen Reihen voller Apfelbäume aus. Vorteil: Wer will, kann erst mal alle Sorten durchprobieren und findet hier viel mehr als die üblichen langweiligen fünf Sorten aus dem Supermarkt. Die Leute schleppen volle Kisten und Eimer zur Schlange vor der Waage.

Die Schlange ist lang, also wird geschwatzt. Über leckere Äpfel und aktuelle Krisen: Zum Bespiel über den Fachkräftemangel. Die Chefin erzählt, dass es die letzte Saison sein wird, denn sie findet keinen Nachfolger. „Es ist nun mal harte Arbeit und so etwas will keiner mehr machen“, sagt sie und lacht laut. Die Leute in der Schlange nicken und lachen.

Die Hälfte der Bäume im Dürresommer verbrannt

Und schon geht es um das nächste Problem: die Klimakrise. Eine Frau beschwert sich, dass in Reihe 34 so viele schlechte Äpfel am Baum hängen. „In diesem Ausmaß hatten wir das noch nie“, sagt die Chefin. Fast 50 Prozent der Bäume seien im Dürresommer verbrannt. Und weil die Chefin weiß, dass sie ihr Publikum in der langen Schlangen auch unterhalten muss, sagt sie: „Das Wetter war diesen Jahr genauso schlecht wie die Regierung.“ Sie lacht. Wieder nicken alle und lachen.

Trotz der Weltuntergangsthemen sind alle gut gelaunt. Das liegt sicher am leckeren Obst. Ständig beißen die Leute in Äpfel. Die sind wirklich reif, nicht wie die Äpfel aus Neuseeland, die extra unreif geerntet werden, damit sie die vier Wochen im Containerschiff und die 20.000 Kilometer bis zu uns überstehen.

Am Ende haben wir 65 Kilo für 90 Euro im Kofferraum. Guter Preis, gute Ware, guter Laune. Trotz Weltuntergang. Das Auto duftet wie ein Obstgarten und wir wissen: Unser Apfelproblem ist gelöst. Mal sehen, wie es mit den anderen Problemen in diesem Problem-Winter wird.

Adblock test (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( Frisches Obst zum Weltuntergang – eine aufschlussreiche Fahrt zur Apfelplantage - Berliner Zeitung )
https://ift.tt/JG0cF8W
Obst

Bagikan Berita Ini

0 Response to "Frisches Obst zum Weltuntergang – eine aufschlussreiche Fahrt zur Apfelplantage - Berliner Zeitung"

Post a Comment

Powered by Blogger.