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Von Cubesats zu Disksats: Satelliten als fliegende Scheiben - Golem.de - Golem.de

Leichte und billige Satelliten, die auch zu Mond und Mars fliegen können: Aerospace Corp hat den neuen Standardformfaktor Disksats entwickelt.

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Scheibenförmige Satelliten sollen den Aufbau kostengünstiger Konstellationen mit kleinen Raketen möglich machen.
Scheibenförmige Satelliten sollen den Aufbau kostengünstiger Konstellationen mit kleinen Raketen möglich machen. (Bild: Aerospace Corp.)

Scheibenförmige Satelliten mit einem Meter Durchmesser, 2,5 cm Dicke und bis zu 10 kg Masse sollen der nächste Kleinsatellitenstandard werden, wenn es nach dem gemeinnützigen Unternehmen Aerospace Corporation geht, das als Satellitenhersteller bereits viel Erfahrung mit Cubesats gesammelt hat. Die neuen sogenannten Disksats sollen bei ähnlich niedrigen Kosten wie Cubesats deutlich mehr Volumen und elektrische Leistung bieten.

Der 1999 erstmals vorgestellte Cubesat-Standard löste eine kleine Revolution in der Satellitenbranche aus. Sie begannen als kleine würfelförmige Satelliten mit 10 cm Kantenlänge und bis zu 1,33 kg Gewicht, um Technologien zu testen und auch Studentengruppen von Universitäten den Einstieg in den Satellitenbau zu ermöglichen. Aber dieses Format erwies sich als zu klein und wurde erweitert zu 3U-, 6U- und 12U-Satelliten, mit einer Größe von drei bis zwölf einfachen Cubesats. Über 1.600 Cubesats wurden schon gestartet.

Cubesats haben schon die Landung von Mars Insight begleitet und Firmen wie Planetlabs haben gezeigt, dass sie auch für praktische Aufgaben wie Erdbeobachtung einsetzbar sind. Aber das kompakte Format hat seine Probleme: Das Innenvolumen ist sehr gering und es bleibt wenig Fläche für die Stromerzeugung mit Solarzellen und die Kühlung durch Wärmeabstrahlung übrig. Auch großflächige Instrumente wie Antennen-Arrays müssen aufwendig entworfen, gefaltet und im Orbit ausgeklappt werden, was nicht immer funktioniert.

Neue Standards ersetzen immer kompliziertere Technik

Aerospace will das Grundproblem lösen. Anstatt nach noch besseren Faltmechanismen für den Cubesat-Standard zu suchen, haben die neuartigen Satelliten von Anfang an mehr Fläche und Volumen zur Verfügung. Mit einem Meter Durchmesser stehen 200 Watt elektrische Leistung zur Verfügung, mit Cubesats praktisch unerreichbare Werte. Der Strom reicht dann auch für den Betrieb von leistungsfähigen Ionentriebwerken aus, womit Disksats im Vergleich zu Cubesats eine völlig neue Manövrierfähigkeit erhalten.

In einem Beispiel aus einem Paper von der 35. Smallsat Conference mit 1,3 kg Treibstoff in einem 11-kg-Satelliten und kommerziell erhältlichen Ionentriebwerken rechnet die Firma mit einem möglichen Delta V von über 4 Kilometern pro Sekunde, ein Maß dafür, um wie viel der Satellit seine Geschwindigkeit mit dem Treibstoff an Bord ändern kann. Es ist genug, um vom geostationären Orbit aus selbstständig zum Mond, zum Mars oder zu erdnahen Asteroiden zu fliegen.

Die Scheibenform ermöglicht aber auch die Nutzung besonders niedriger Orbits zwischen 200 und 250 km Höhe. Solange die Kante in Flugrichtung ausgerichtet ist, ist die Form sehr aerodynamisch. Normale Satelliten würden innerhalb von Wochen oder Tagen abstürzen und selbst mit Ausgleich der Luftreibung durch die Triebwerke würde ihnen bald der Treibstoff ausgehen. Die Disksats würden hingegen nur 200 Gramm Treibstoff pro Jahr verbrauchen. Mit weniger als der halben üblichen Flughöhe benötigen die Satelliten weniger als ein Viertel der Sendeleistung für vergleichbare Bandbreite.

Aerospace bewirbt den neuen Standard vor allem für Satellitenkonstellationen, die mit vielen leichten Satelliten die ganze Erde abdecken sollen, aber mit Cubesats zu wenig Leistung hätten. Dabei hilft, dass umgekehrt die Luftreibung sehr hoch ist, wenn die Scheibe quer zu Flugrichtung steht oder eine Scheibe außer Kontrolle im Orbit taumelt. Denn durch die hohe Reibung in der Restatmosphäre und die niedrige Masse stürzen die Satelliten auch aus höheren Orbits schneller ab und reduzieren so die Menge an möglichem Weltraummüll.

Der Standard lässt auch dickere Satelliten zu, die beispielsweise aus zwei Scheiben bestehen, die mit nur einem Scharnier verbunden nach dem Aussetzen auseinandergeklappt werden. Mit der Entwicklung nur eines zuverlässigen Scharniers könnte die Fläche und damit die Leistung verdoppelt werden. Außerdem bliebe mehr Volumen für Instrumente und Elektronik in dem nun 5 cm dicken Satelliten übrig.

In Stapeln von Satelliten können auch noch umfangreichere Komponenten verbaut werden, solange in den jeweils benachbarten Satelliten an der passenden Stelle eine Aussparung dafür vorgesehen ist. Wenn der Satellit selbst ebenso eine Aussparung auf der gegenüberliegenden Seite hat, können die Satelliten durch ihre symmetrische Form um jeweils 180 Grad verdreht gestapelt werden und sich so gegenseitig Platz für größere Komponenten geben.

Erste Satelliten starten 2022

Es scheint offensichtlich, dass Aerospace von den flachen, gestapelten Starlink-Satelliten von SpaceX inspiriert wurde. Auch die Disksats sollen gestapelt und mit kleinen Raketen wie der Electron von Rocketlab gestartet werden.

Für andere Raketen sollen auch größere Durchmesser oder sogar eine quadratische Form gewählt werden können. Letztere ist für Standardadapter wie im Mitflugdienst von SpaceX mit der Falcon 9 vorgesehen. Anders als bei den Starlinks sieht der Standard vor, dass die Satelliten auch einzeln ausgesetzt werden können, um Kollisionen zu vermeiden.

Die ersten Testsatelliten sollen noch dieses Jahr fertiggestellt werden und 2022 fliegen. Die Disksats scheinen als Formfaktor tatsächlich gut geeignet zu sein, um nachhaltig globale Konstellationen von Kommunikationssatelliten aufzubauen. Solange die Möglichkeiten zum Flug in niedrigen Orbits auch genutzt werden, wären die Satelliten außerdem kaum am Nachthimmel sichtbar und würden wegen der hohen Luftreibung dort auch nicht zum Problem des Weltraumschrotts beitragen.

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