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Regionales Obst und Gemüse: Werte, der vor der Haustüre wachsen - sogar im Winter - Kleine Zeitung

Obst und Gemüse aus heimischer Produktion sichert Jobs und bringt Versorgungssicherheit. Das Klima schont es obendrein.

Von Klaus Höfler | 05.00 Uhr, 10. Dezember 2021

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Ob am Bauern- oder im Supermarkt: Ware regionaler Produzenten hat mehrfachen Mehrwert © travelbook/stock.adobe.com

Zeit der Ernte, heißt es derzeit in der Oststeiermark. Mitten im Schneechaos? Möglich macht das eine innovative Anbauform für Gemüse (siehe Infobox unten). Durch diese Möglichkeit für eine ganzjährige Produktion von Paradeisern, Paprika, Gurken & Co. und in Kombination mit konventioneller Feld-, Garten- und Ackerbewirtschaftung werden so 230.000 Tonnen Obst und Gemüse in den Handel geliefert. Tendenz aufgrund wachsender Nachfrage nach regionalen Produkten: steigend.

Die Wertschöpfungskette ist damit tief in der Region verankert – in einem Wirtschaftssektor, der ansonsten im strammen Gegenwind der Globalisierung eher einem robusten Schrumpfungsprozess ausgesetzt ist. So ging die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in der Steiermark von 60.669 (1990) auf zuletzt 33.800 (2020) zurück. Österreichweit gab es im selben Zeitraum ein Minus von 281.900 auf 155.900 Betriebe.

Paradeiser oder Tomate? Wie auch immer man zu den Früchten des Nachtschattengewächses sagt: Fest steht, dass sie im botanischen Sinne eigentlich dem Obst zugeordnet gehören, aber als beliebtestes Gemüse die heimische Hitparade anführen. Bei knapp 30 Kilo liegt der Pro-Kopf-Verbrauch hierzulande. Jene 59.766 Tonnen, die die Erntestatistik für heuer österreichweit ausweist, reichen da bei Weitem nicht. Und so werden 80 Prozent der Paradeiser importiert. Um die steigende Nachfrage zu stillen und den Anteil an heimischer Ware zu erhöhen, setzt man auf innovative Glashaustechnologie. Beim oststeirischen Familienunternehmen Frutura wird beispielsweise die Wärme des Thermalwassers in Bad Blumau genutzt. Es wird aus 3500 Meter Tiefe mit 125 Grad an die Oberfläche gepumpt und nach der Nutzung wieder in den Boden geleitet. Im Vergleich zu erdgasbetriebenen Gewächshäusern werden so rund 28.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart. Ein weiterer positiver Effekt der ganzjährigen Erntezeit: Aufgrund des regionalen Anbaus sind weniger Importe notwendig, was der Umwelt rund eine Million gefahrene Lkw-Kilometer erspart – umgerechnet 25 Erdumrundungen.

Dieser Rückgang spiegelt sich auch in den Regalen des Lebensmittelhandels wider. So importierte Österreich 2019 allein im Bereich Ernährung Produkte im Wert von mehr als 10,2 Milliarden Euro. Das sind um 13,4 Prozent mehr als noch 2015, hat eine Untersuchung der Universität Linz ergeben.

„Ernährungssicherheit kann man aber nicht importieren“, warnt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung. Er drängt darauf, Voraussetzungen zu schaffen, damit „die Regale in den Supermärkten mit mehr Lebensmitteln gefüllt werden, die in Österreich und nicht in Chile oder Südafrika geerntet wurden und damit zu Weltreisenden werden“.

„Höherer Preis für lange Transportwege“

Die Kernbotschaft ist eindeutig. In einer Untersuchung zur Wertschöpfungskette von Agrargütern und Lebensmitteln kommen die Studienautoren des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) zum Schluss, dass es bei Lebensmitteln eine höhere Kostentransparenz geben müsste. Die Folge: Weit gereistes Obst, Gemüse oder Fleisch müsste aufgrund der hohen Umweltkosten teurer werden.

Wie wurde die Gurke produziert? Woher kommt der Apfel? Was bedeutet „g.g.A.“? Und was ist der Unterschied zu „g.U.“? Die Übersicht zu behalten, ist nicht ganz einfach angesichts der Vielzahl an Logos, Siegeln und Bezeichnungen, mit denen Herkunfts- und Qualitätsmerkmale von Lebensmitteln ausgeschildert werden. Die Zeichensprache ist eine Art Reisepass und Gütegarantie.
AMA-Gütesiegel: garantiert ein geschlossenes Qualitäts- und Kontrollsystem entlang der Produktions- und Lieferkette – vom Landwirt über die Packstelle bis zum Lebensmittelhandel.
g.g.A. (geschützte geografische Angabe): garantiert, dass mindestens ein Herstellungsschritt – Erzeugung, Verarbeitung oder Produktion – in der Region erfolgt (beispielsweise Steirisches Kürbiskernöl).
g.U. (geschützte Ursprungsbezeichnung: Bei verarbeiteten Produkten liegen alle Produktionsschritte vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt in dem bezeichneten Gebiet.
Fairtrade, Rainforest Alliance, IFS und Global GAP sind Beispiele für internationale Zertifizierungen von umweltschonend produzierten und kontrollierten Lebensmitteln.

Würde sich die Importquote von landwirtschaftlichen Gütern, Lebensmitteln und Getränken um nur ein Prozent verringern, so die Wifo-Berechnungen, hätte das eine Produktionsausweitung im Inland zur Folge. Die heimische Wertschöpfung würde sich dadurch um immerhin 140 Millionen Euro erhöhen. 3100 zusätzliche Jobs könnten in weiterer Folge entstehen.

Ein größeres Umdenken wurde den Berechnungen der Johannes-Kepler-Universität Linz und der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung zugrunde gelegt. Würden demnach 20 Prozent mehr heimische Lebensmittel statt weltgereister Produkte im Einkaufswagen landen, würde sich das Bruttoinlandsprodukt um 4,6 Milliarden Euro erhöhen. Zudem würden 46.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, so die Wissenschaftler. Durch die kürzeren Transportwege würden auch die Umwelt und das Klima profitieren.

Ganz neu ist der Begriff nicht. Schon in den 1980er-Jahren geisterte er durch die umweltpolitische Debatte. Richtig Rückenwind bekam er aber erst jetzt. Dank Corona. Als die Schwächen der Globalisierung – Stichwort Lieferkettenkollaps – und die Stärke lokaler Versorgungsnetze spürbar wurden, erlebte auch die „Glokalisierung“ einen Popularitätsschub. Was steckt hinter dieser begrifflichen Verschmelzung von Globalisierung und Nahversorgung? „Es geht darum, ökonomische, ökologische, soziale und politische Entwicklungen aus einer kombinierten Perspektive zu betrachten“, erklärt Romana Rauter vom Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung der Universität Graz. Der effizienzmaximierenden Konzentration der Globalisierung setzt die Glokalisierung Diversifizierung entgegen, ohne sich aber völlig abzukapseln. „Es braucht einen Mittelweg, um weniger störungsanfällig zu sein“, so Rauter. Glokalisierung hat aber auch Risiken. Beispielsweise, wenn durch die Transformation der Energiebedarf oder das Verkehrsaufkommen vor Ort steigt. Dann sind erneuerbare Energiequellen und Mobilitätskonzepte gefragt.

In Kooperation mit Frutura Obst & Gemüse – die redaktionelle Unabhängigkeit bleibt unangetastet.

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