Das Regierungspräsidium Stuttgart und die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg veranstalteten auch dieses Jahr wieder den Weinsberger Obstbautag. Ein vielfältiges Programm war geboten.
Die Begrüßung der Teilnehmenden aus dem Bereich Obstbau sowie Interessierte erfolgte durch Dr. Kurt Mezger, Leiter der Abteilung „Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär- und Lebensmittelwesen“ des Regierungspräsidiums Stuttgart (RPS). In gewohnter Manier resümierte er das vorausgegangene Obstbaujahr: „Ausgeprägte Frostnächte im April 2021 sowie Unwetter in der zweiten Junihälfte sorgten lokal zum Teil für erhebliche Schäden und Ernteeinbußen bei einzelnen Obstkulturen.“ Insbesondere im Bereich des Steinobstes hätten die Frostereignisse zu Ernteeinbußen geführt, bei den Zwetschgen entsprach die Erntemenge beispielsweise nur knapp der Hälfte des Vorjahreswertes. Im Kernobstbereich hätte der Schorfbefall durch das regenreiche Jahr den Bewirtschaftern zu schaffen gemacht.
Politik möchte Obstbäuerinnen und Obstbauern unterstützen
Staatssekretärin Sabine Kurtz MdL vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg übermittelte eine Videogrußbotschaft: „Wir sind uns der Herausforderungen bewusst, mit denen Sie als Obstbäuerinnen und Obstbauern zu kämpfen haben. Herausragendes Ziel unserer Landespolitik ist es daher, Sie bestmöglich zu unterstützen. Auf Ihr herrliches Obst kann und will Baden-Württemberg nicht verzichten.“
Biodiversitätsstärkungsgesetz - ein Schwerpunkt der Tagung
Als ein Schwerpunktthema der Veranstaltung standen die Umsetzung sowie erste Maßnahmen des Biodiversitätsstärkungsgesetzes auf dem Programm. Das Gesetz wurde im Sommer 2020 unter breiter gesellschaftlicher Beteiligung in Baden-Württemberg beschlossen. Zum Thema Landwirtschaft beinhaltet das Gesetz beispielsweise Regelungen im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des ökologischen Landbaus, den zukünftigen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln sowie das Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in den Naturschutzgebieten. Um die Landwirtschaft und die Sonderkulturen bei dem Ziel, den Einsatz der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel bis 2030 um 40 bis 50 Prozent zu reduzieren, zu unterstützen, wurde das Demonstrationsbetriebsnetzwerk Pflanzenschutzmittelreduktion ins Leben gerufen.
Demobetriebe sollen Potentiale aufzeigen
Jonathan Wenz vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) berichtete über erste Maßnahmen des Netzwerks im Obstbau: „Zusammen mit den Demobetrieben schauen wir, wo Ansatzpunkte für die Reduktion von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln sind und worin eventuell Hemmnisse liegen. Dafür stehen wir in engem Austausch mit den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern und setzen neben betriebsübergreifenden Versuchen auch betriebsspezifische Ansätze um.“ Versuchsansätze seien zum Beispiel die Integration biologischer Pflanzenschutzmittel in die Spritzfolge oder Maßnahmen zur Nützlingsförderung sowie alternative Unkrautregulierungsmöglichkeiten.
Viele Vorteile von Blühstreifen
Als einer der sechs Demonstrationsbetriebe Pflanzenschutzmittelreduktion im Obstbau teilte Albrecht Rembold vom Obsthof Rembold seine Erfahrungen mit Blühstreifen in Fahrgassen in der Obstanlage: „Bereits seit 2017 machte ich Versuche mit Blühstreifen in den Fahrgassen meiner Obstanlagen. Dabei hat die Zusammensetzung der Saatgutmischung einen erheblichen Einfluss auf die Artenzusammensetzung der Insektenpopulation.“ Nicht nur die zahlreich zu beobachtenden Insekten seien Motivation für die Einsaat. Die Blühflächen würden darüber hinaus zum Humusaufbau, zur Bodenlockerung sowie zur besseren Wasseraufnahme und Wasserhaltekapazität beitragen.
Über die Qualität der Blühstreifen
Während Rembold in seiner Präsentation den Teilnehmenden praktische und technische Tipps für die Anlage von Blühstreifen an die Hand gab, beleuchtete Paul Epp (LTZ Augustenberg) die Insektenfauna von Blühstreifen eines ökologisch und eines nach den Richtlinien des integrierten Pflanzenschutzes bewirtschafteten Obstbaubetriebs, ergänzt mit unbehandelten Blühstreifen als Kontrollvariante, von der wissenschaftlichen Seite. „In allen Varianten wurde unabhängig von der Bewirtschaftungsweise eine umfangreiche und ebenbürtige Insektenfauna festgestellt. Unterschiede in der Insektenfauna ergaben sich weniger als Folge in der Bewirtschaftungsweise, sondern begründeten sich eher mit der unterschiedlichen Qualität der Blühstreifen“, führte Epp aus.
Zukunftsweisende und ambitionierte Gesetzespakete
Manuel Geiser vom Regierungspräsidium Stuttgart referierte über die mit dem Insektenschutzpaket des Bundes und mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz verbundenen Einschränkungen im Bereich des Pflanzenschutzes. „Beide Gesetzespakete sind in Bezug auf eine nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftungsweise zukunftsweisend, jedoch auch ambitioniert. Die damit verbundenen Auflagen gilt es nun umzusetzen sowie gemeinsam mit der Beratung und Praxis weiterzuentwickeln. Vor allem der Obstbau in Schutzgebieten ist von den neuen rechtlichen Vorgaben betroffen“, gab Geiser zu bedenken.
Über Himbeeren und Indianerbananen
Die beiden letzten Vortragenden rückten den Blick auf zwei unterschiedliche obstbauliche Kulturen. Gunhild Muster von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg stellte das Thema Boden- und Substratkultur beim Himbeeranbau in den Mittelpunkt ihres Vortrags: „Der Anbau von Strauchbeeren ist in Deutschland bedeutend. Insbesondere bei Himbeere hat der geschützte Anbau, der überwiegend im Substrat erfolgt, zugenommen. Gründe dafür sind die hohen Anforderungen an die Fruchtqualität und der Mangel an Wechselflächen.“
Alexander Zimmermann von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim (LWG) ging anschließend auf die Indianerbanane ein: „Die exotisch anmutenden Früchte der Indianerbanane werden zwischen September und Oktober reif und werden am besten frisch verzehrt. Größere Produktionsflächen gibt es in Deutschland bisher nicht. Vielleicht ist die Kultur aber für den ein oder anderen Direktvermarkter mit Hofladen interessant.“ Pflanzenausfälle durch etwa Frost oder Schaderreger hätte es bisher an der LWG noch nicht gegeben. Die Erträge seien allerdings schwankend, jedoch wäre eine Ernte auf den Versuchsflächen in Veitshöchheim bisher jedes Jahr möglich gewesen.
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